Senancour

[334] Senancour (spr. ßenangkūr), Etienne Pivert de, franz. Schriftsteller, geb. 1770 in Paris, gest. im Januar 1846 in St.-Cloud, hatte viel unter seiner kränklichen und schwächlichen Konstitution zu leiden und entfloh, da er zum geistlichen Stand keine Lust verspürte, nach Genf, heiratete dort ein noch sehr junges, armes Mädchen und geriet bald in Nahrungssorgen. Nach dem frühen Tode seiner Frau kehrte er nach P. tris zurück, um sein Glück mit der Feder zu versuchen, und erhielt unter der Regierung des Bürgerkönigs eine Pension. Sein Hauptwerk ist: »Obermann« (1804, 2 Bde.; zuletzt hrsg. von G. Sand, 1863), eine Art Reisebeschreibung oder Selbstbiographie in Briefen, in der Manier der »Werther« und »René«, von einer Überspanntheit des Gefühls und einem Lebensüberdruß, daß der Gesamteindruck ein ungesunder, abstoßender ist. Trotzdem erregte es, wenn auch nicht sogleich, großes Aufsehen, zumal infolge des glänzenden, originellen Stils. Ähnlichen Erfolg hatte die philosophische Studie »De l'amour considéré dans les lois réelles et dans les formes sociales del'union des deux sexes« (1805, 1834, 2 Bde.), eine minutiöse Analyse der Beziehungen der Geschlechter zueinander, mit seinen und treffenden, oft paradoxen Behauptungen untermischt. Von andern Werken erwähnen[334] wir noch: »Rêveries sur la nature primitive de l'homme« (1798–99), mit Anklängen an J. J. Rousseau. Vgl. Levallois, Un précurseur. S. (Par. 1897); Törnudd, E. P. de S. (Helsingfors 1898); Merlant, Bibliographie des œuvres de S. Documents inédits (Par. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 334-335.
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