Strahlenbrechung

[90] Strahlenbrechung, die Veränderung der Richtung, welche die Lichtstrahlen bei ihrem Übergang aus einem Mittel in ein andres erleiden. Tritt der Lichtstrahl aus einem dünnern Medium in ein dichteres über, so wird er nach dem Einfallslot zu gebrochen. Dies findet z. B. statt, wenn das Licht der Gestirne in unsre Atmosphäre tritt, und wir sehen daher die Gestirne nicht nach der Richtung hin, wo sie sich wirklich befinden, und wo wir sie sehen würden, wenn die Atmosphäre fehlte. Diese Veränderung des scheinbaren Ortes der Gestirne nennt man die astronomische S. oder Refraktion. Sie vermindert alle Zenitdistanzen, d. h. wir sehen alle Gestirne in einer größern Höhe, als wir sie ohne Refraktion sehen würden, und zwar ist diese Vermehrung der Höhe um so bedeutender, je näher dem Horizont ein Stern steht: während sie im Zenit gleich Null ist, beträgt sie im Horizont 33–35 Bogenminuten. Daher ist die S. auch Ursache, daß die Gestirne für jeden Ort früher auf- und später unterzugehen scheinen, als sie in der Tat durch den Horizont dieses Ortes gehen. Dies hat zunächst eine Verlängerung des Tages zur Folge (bei uns um 4 Minuten), die in der Polarzone am beträchtlichsten ist, da dort die Sonne mehrere Tage, ja Wochen über dem Horizont gesehen wird, obschon sie unter ihm steht. Die S. ist ferner der Grund, warum Sonne und Mond nahe am Horizont stark abgeplattet erscheinen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 90.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: