Supernaturalismus

[209] Supernaturalismus (Supranaturalismus, lat.), in der Theologie im allgemeinen der Glaube an eine unmittelbare, der natürlichen Vernunft, die von der Sünde verfinstert ist. durchaus unerreichbare Offenbarung Gottes. In dieser Form bildet der S. die allgemeine Grundlage für die gesamte christliche, insbes. für die altprotestantische Dogmatik, derzufolge durch die Erbsünde alle religiös-sittliche Kraft im Menschen vernichtet, die Vernunft unfähig ist, in Sachen des Heils (in rebus spiritualibus) zu entscheiden, und nur zur Erfüllung der bürgerlichen Gerechtigkeit (justitia civilis) hinreicht. Im abgeleiteten Sinne wird mit dem Namen S. diejenige Richtung bezeichnet, die zu Ende des 18. und zu Anfang des 19. Jahrh. gegenüber dem Rationalismus (s. d.) auftrat, mit dem sie übrigens die fehlerhafte Auffassung der Religion als einer verstandesmäßigen Aneignung von Lehren über das Übersinnliche teilte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 209.
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