Thermīt

[475] Thermīt, Warenzeichen für von Goldschmidt in Essen angegebene Gemische von Metalloxyden mit Metallpulver, die, an einer Stelle stark erhitzt, ohne äußere Wärmezufuhr unter Entwickelung einer sehr hohen Temperatur weiterbrennen, wobei das angewandte Metalloxyd reduziert und das Metallpulver oxydiert wird (Thermit- oder Goldschmidtsche Reaktion). Ein Thermitgemisch aus Eisenoxyd und Aluminiumpulver explodiert beim Erhitzen im Tiegel bei Weißglut, es kann aber in großen Mengen ruhig abgebrannt werden, wenn man es in einem tiegelartigen Gefäß an einer Stelle entzündet. Hierzu dient eine kleine Menge eines Gemisches von Baryumsuperoxyd mit Aluminium, das auf das T. gelegt wird. Durch Berührung mit einem Sturmstreichholz wird das Gemisch und durch dieses das T. entzündet. Die Thermitreaktion verläuft sehr schnell und man erhält ein stark überhitztes weiches Eisen (Thermiteisen) und eine Schlacke von Aluminiumoxyd, die nach dem Erstarren und Pulvern ein treffliches Schleifmaterial (Corubin) liefert, auch als feuerfeste Substanz ausgedehnte Verwendung findet. Verbrennt man Aluminiumpulver mit Chromoxyd, so erhält man metallisches Chrom von großer Reinheit, das nach diesem Verfahren zuerst im großen erhalten wurde. Auch Mangan, Molybdän, Nickel und Eisenlegierungen mit Titan, Bor, Vanadin und andre Legierungen werden aluminothermisch dargestellt. Legierungen oder Mischungen von Calcium oder Magnesium mit Silicium wirken fast genau so wie Aluminium. Am häufigsten wird das Thermitgemisch aus Eisenoxyd und Aluminium angewandt, teils in der Eisen- und Stahlgießerei, namentlich aber auch zum Schweißen. Gießt man den Tiegelinhalt nach Beendigung der Reaktion über zwei stumpf aneinanderstoßende metallrein gemachte Rohr-, Wellen- oder Trägerenden, die eine Form umgibt, so werden sie auf Schweißhitze gebracht und durch Nachziehen von Schrauben miteinander vereinigt. Hier wird nur die hohe Temperatur des Tiegelinhalts verwertet, zum Verschweißen von Straßenbahnschienen aber umgibt man deren Enden mit einer feuerfesten Form und entleert den Tiegel am Boden, so daß zunächst das stark überhitzte Eisen auf die Schienenenden fließt und mit ihnen verschmilzt. Auch hier wird durch Anziehen von Schrauben das Verschweißen der Schienenenden begünstigt, und es bildet sich eine mit ihnen fest verschweißte Lasche aus Thermiteisen. Dies Verfahren ergibt bei elektrischen Bahnen bessere Stromleitung und ruhigern Gang der Wagen. Auch Wellen werden nach diesem Verfahren verschweißt und abgebrochene Zapfen und Zähne an Zahnrädern ersetzt. Gebrochene Schiffssteven können repariert werden, ohne sie zu demontieren. Man wendet dazu mannshohe Tiegel an, in denen mehrere hundert Kilogramm T. auf einmal abgebrannt werden.[475]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 475-476.
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