Wachsbildnerei

[284] Wachsbildnerei (Ceroplastik), die Kunst, durch Bossieren oder Gießen Gegenstände aus Wachs zu bilden. Am häufigsten dient die W. zur Darstellung von Früchten, anatomischen Präparaten, künstlichen Perlen, Puppenköpfen und den sogen. Wachsfiguren. Bei diesen sind gewöhnlich nur Gesicht, Kopf, Hals, Hände oder andre nackte Teile von Wachs, die mit Kleidern bedeckten Teile des Körpers dagegen ausgestopft. Sammlungen von Wachsfiguren bilden ein Wachsfigurenkabinett. Unter den Wachsfigurenkabinetten des 19. Jahrh. sind die berühmtesten die von Madame Tussaud 1780–1802 in Paris, dann in London, und von Gebrüder Castan in Berlin (Panoptikum). Berühmt sind auch die italienischen, besonders Neapolitaner Krippenfiguren in Wachs aus dem 18. Jahrh. Die W. war schon den Alten bekannt. Doch haben sich nur aus der Renaissancezeit, in der die W. sehr beliebt war, kleinere, meist bemalte, größtenteils komische Genrefiguren und Porträtmedaillons aus Wachs erhalten. Das Hauptstück der W. der Renaissancezeit ist der naturalistisch bemalte Kopf eines jungen Mädchens aus dem Anfang des 16. Jahrh. im Museum zu Lille (italienische Arbeit). Gegenwärtig wird die W. auch zur Ausführung von Modellen kleinerer Gegenstände für den Kunstguß geübt. Das zum Bossieren benutzte Wachs (Bossierwachs) besteht aus 4 Teilen Wachs, 3 Teilen weißem Terpentin, etwas Baumöl oder Schweinefett und wird gewöhnlich mit Mennige, Zinnober oder Bolus rot gefärbt, um ihm die störende Durchsichtigkeit zu nehmen. Bossierwachs zu Wachsabgüssen wird mit Kolophonium versetzt und erhält zum Färben Zusatz von Zinnober, Mastix mit Schieferweiß, Grünspan etc. Für Wachspuppen etc. benutzt man auch statt des Wachses Paraffin und Ceresin. Die Gußformen bestehen aus Holz oder Gips. Vgl. Meisl, Die Kunst der Wachsarbeit (Linz 1837).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 284.
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