Zwangsbewegungen

[1030] Zwangsbewegungen, eigentümliche Abweichungen von der symmetrischen Bewegung beider Körperseiten, die bei Menschen und Tieren nach einseitigen Verletzungen des Mittelhirns, des verlängerten Markes und andrer Hirnteile eintreten. Derartige Z. sind: die Reitbahnbewegung, bei der das Tier mit der Absicht, fortzulaufen, stets im Kreise umherirrt; die Zeigerbewegung, bei welcher der Vorderkörper um das an Ort und Stelle verbleibende Hinterteil wie der Zeiger um seine Achse gedreht wird; die Rollbewegung, bei der der Körper sich um seine Längsachse wälzt. Auch Verdrehungen (Strabismus) und unwillkürliche Schwankungen (Nystagmus) der Augen treten als Z. auf. Zur Erklärung der Z. hat[1030] man teils einseitige, unvollkommene Lähmungen, teils eine Reizung als Ursache der überwiegenden Tätigkeit der einen Körperseite angenommen. Wahrscheinlich handelt es sich in manchen Fällen um Schwindelempfindungen, die durch die Verletzung erregt werden. Es entsteht bei dem Betroffenen die Täuschung, als bewegten sich der Körper oder auch die Objekte der Außenwelt nach einer bestimmten Richtung, und als Reaktion werden die Z. ausgeführt, in der Absicht, die abnormen eingebildeten Bewegungen durch passende Gegenbewegungen zu korrigieren. Vgl. auch Drehschwindel; Löwenfeld, Die psychischen Zwangserscheinungen (Wiesbad. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 1030-1031.
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