Achtunddreißigste Familie: Fruchtvögel (Cotingidae)

[594] Die Fruchtvögel (Cotingidae), eine aus ungefähr neunzig Arten bestehende Familie bildend, leben ebenfalls ausschließlich in Amerika, insbesondere im Süden dieses Erdtheiles. Ihr Leib ist gedrungen, der Schnabel an der Wurzel ziemlich breit, auf der Firste gewölbt und in der Regel ebenfalls kurz, seine Spitze mehr oder weniger herabgebogen und neben dem schwachen Endhaken mit einer kleinen Kerbe versehen, der Fuß stark und kräftig, mittel- oder ziemlich langläufig, aber kurzzehig, der Flügel höchstens mittellang, der Schwanz regelmäßig kurz, das Gefieder reich, aber knapp anliegend, seine Färbung je nach Geschlecht und Alter gewöhnlich sehr verschieden.

Alle Schmuckvögel sind Waldbewohner und gehören hauptsächlich der Niederung an; einzelne nehmen aber auch in hügeligen und namentlich in felsigen Gegenden Herberge. Die meisten Arten leben in kleinen Trupps in den hohen Baumkronen, sondern sich nur während der Brutzeit in Paare und fallen durch die Farbenpracht ihres Gefieders wie durch ihre oft recht sonderbare Stimme auf. Viele Arten zeichnen sich auch durch große Lebendigkeit und Beweglichkeit aus. Ihre Sinne [594] sind wohl entwickelt und ihre geistigen Fähigkeiten, wenigstens bei den meisten Arten, ziemlich ausgebildet. Die Nahrung besteht größtentheils, bei einzelnen ausschließlich, in Früchten. Sie verschlingen solche von bedeutender Größe. »In einem dichten und niederen Gebüsche«, erzählt Kittlitz, »stieß ich plötzlich auf einen Schmuckvogel, welcher sich dicht bei mir verstecken zu wollen schien, dann aber sehr schwerfällig einige Schritte weiter flog und nachlässig versteckt wieder Platz nahm. Ich war genöthigt, ihn in dieser geringen Entfernung zu schießen, wodurch der Balg zum Ausstopfen unbrauchbar wurde. Bei Besichtigung des Magens erstaunte ich nicht wenig, ihn bis zur unnatürlichsten Ausdehnung angefüllt zu finden mit einer einzigen harten und kugelförmigen Masse, welche ich für den Rest einer sehr großen Palmennuß erkannte, von deren weicheren, bereits zersetzten Theilen ein bläulicher Brei in den Ecken des Magens herzurühren schien. Die Unbehülflichkeit des Vogels erklärte sich nun durch diesen ungeheuren Bissen, den er verschlungen haben mußte; es ließ sich aber kaum begreifen, wie derselbe durch die Speiseröhre gekommen war. Das Verschlingen einer solchen Frucht muß den seltsamsten Anblick darbieten; denn der Körper, welchen der Vogel so zu sich nimmt, ist nur wenig kleiner als er selbst. Die Kinnladen der Schmuckvögel haben offenbar eine besondere Dehnbarkeit, fast wie die der Schlangen, und es ist gewiß auffallend, daß sie fähig sind, so große Samen ohne vorhergegangenes Einweichen im Kropfe oder nachherige Reibung im Magen durch den zersetzenden Saft des letzteren zu verdauen.« Daß einzelne Schmuckvögel nebenbei auch Kerbthiere fressen, unterliegt keinem Zweifel; Tschudi sagt von denjenigen Arten, welche er beobachtete, daß sie »fortwährend auf der Jagd nach kleinen Kerbthieren sind, sich aber auch von Beeren und Sämereien ernähren«. Inwiefern sich die Schmuckvögel im übrigen hinsichtlich ihrer Lebensweise ähneln, muß fernere Beobachtung lehren; einstweilen dürfte es schwer sein, ein all gemein gültiges Lebensbild von ihnen zu entwerfen. Ich muß mich auch bei Besprechung dieser Familie auf wenige Arten beschränken.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 594-595.
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