Erinyen

[851] Erinyen (Erinnyen), in der griechischen Mythologie die Rachegöttinnen, denen die römischen Furien entsprechen; entstanden aus der Gäa von den Blutstropfen des Uranos. In der ältesten Zeit erschienen sie nur in der Einzahl (Erīnys), od. vielmehr in unbestimmter Mehrzahl (Erinyes), erst später wurde ihre Zahl auf drei bestimmt u. diese Tisiphone, Megära u. Alekto (u. Ein. noch Lyssa) genannt. Sie strafen bes. den Meineid, Mord, Verletzung der Pietät, bes. gegen Eltern, u. des Gastrechts; sie verwirren die Sinne des Missethäters, hauchen ihm Wahnsinn ein, verfolgen ihn, wie Hunde ein Wild, singen ihm den schauerlichen Rachegesang u. schlagen die fesselnden Bande um ihn. Die späteren Dichter personificiren in ihnen die verfolgenden, unvertilgbaren Qualen des Gewissens. Ihren Wohnplatz hatten sie im Erebos, daher der Glaube, daß die Strafen für das Böse auch nach dem Tode fortdauern. Abgebildet nach Äschylos als alte häßliche Weiber mit furchtbarem Blick, schlangenhaarig schwarz, mit blutigen Augen, vorhängender Zunge, gefletschten Zähnen, mit Krallen an den Händen, in schwarzen, blutroth gegürteten Gewändern; nach Euripides als schnelle, geflügelte Jungfrauen, Schlangen u. brennende Fackeln schwingend. Verehrt wurden sie in Athen, wo sie neben dem Areopagos eine Grotte u. Kapelle[851] hatten u. wo ihnen unter dem Namen Semnai (die Ehrwürdigen), mit heiligem Grauen u. Schauer geopfert u. ihr Hain von Jedem gemieden wurde. In Sikyon hießen sie Eumenides (die Wohlwollenden), in Arkanien Maniä (die in Raserei Versetzenden). Ihnen wurden Spenden ohne Wein u. schwarze Schafe geopfert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 851-852.
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