Faunus [1]

[137] Faunus, Enkel des Saturn, Sohn des Picus u. der Canens, alter König der italienischen Aboriginer, durch die Nymphe Marica Vater des Latinus. Er räumte dem Euander den Platz zur Erbauung von Palatium ein u. wurde endlich von Hercules erschlagen. Nach seinem Tode wurde er ein weissagender Feld-, bes. Hirtengott u. mit dem griechischen Pan identificirt. Wegen seiner Weissagergabe hieß er Fatuus u. Fatuellus. Mit seiner Gemahlin, Fauna od. Fatua (s. Bona Dea), zeugte er die Fauni (Faunen), krummnasige Waldgötter, mit Hörnern, Schwänzen u. Bockfüßen; diese galten auch als Beschützer u. Mehrer der Heerden u. als lüsterne Wesen, welche wegen ihrer täppischen Zärtlichkeiten von den Nymphen überall geflohen gourden. Als Heerdengott hieß er auch Lupercus (s. Lupercalia). Man weihete ihm die Eiche u. den Ölbaum u. feierte ihm u. den Faunen den 13. Febr. in Rom (auf der Tiberinsel, wo sein Tempel stand) u. den 5. Decbr. auf dem Lande die Faunalia; man opferte Böcke mit Milch- u. Weinspenden u. hielt heitere Schmäuse; die Arbeitsthiere ließ man frei umherschweifen u. die Sklaven sich auf Kreuzwegen u. Wegen sich erfreuen. Die Faunen waren ein beliebter Gegenstand der Bildenden Kunst u. manche Darstellungen derselben sind uns erhalten. Diese aber weichen so sehr von einander ab, wie es bei keiner anderen Figur der griechischrömischen Götter der Fall ist, indem sie sowohl als schöngeformte Knaben von dem Reiz jugendlicher Anmuth überhaucht erscheinen, od. indem ihr Körper, auf Wesen von niedriger Gattung deutend, sich der thierischen Natur nähert u. selbst mit Bocksfüßen u. Hörnern verunziert ist. Das berühmteste Faunbild des Alterthums war der Faun des Praxiteles in der Tripodenstraße zu Athen mit dem Beinamen Periboetes, d.i. der Weitberühmte. Nur Nachbilder in Marmor sind uns davon erhalten, von denen sich eins im Dresdener, ein anderes im Berliner Museum befindet. Ähnlich diesem, u. wie dieser sich an einen Baumstamm anlehnend, ist der Flöte blasende Faun. Andere berühmte antike Faunstatuen sind der Faun mit dem Pinienapfel, der Faun mit dem Böckchen, der Faun mit dem Flecken (Büste in der Münchener Glyptothek) u. der Faun Winkelmanns (Büste ebendaselbst).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 137.
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