[508] Schwanz, 1) (Cauda), die bei Thieren über den Rumpf herausragende Verlängerung der Rückenwirbelsäule, wodurch eine fünfte Extremität gebildet wird; muß als ein denn Menschen mangelnder Körpertheil u. dessen etwaiges Vorkommen als eine Mißgestaltung angesehen werden, s. Geschwänzte Menschen. Bei Thieren ist aber der S. nach deren verschiedener Bestimmung, Bewegungsweise u. Körperbildung auch ein mehr od. minder nutzbarer Theil, doch als Extremität bei keinem ein für sein Leben selbst wesentliches Erforderniß, daher er auch immer leichter als ein anderer Theil verletzt, verkürzt od. auch ganz weggeschnitten werden kann, ohne daß dadurch das Leben des Thieres bedroht wird. Vielen Thieren dient der S. zur Fortbewegung, so den Schlangen als Stützpunkt zum Fortschnellen, den Fischen u. den ihnen gleichstehenden Cetaceen beim Schwimmen als eine Art Steuerruder, Vögeln beim Fliegen zur Erhaltung des Gleichgewichts. Auch Vierfüßlern, deren Bewegung u. Seitenwendungen sehr schnell sind, dient der ausgestreckte S. zum Vortheil; der eingezogene S. zur Bedeckung der Geschlechtstheile u. des Afters; im Sitzen, andern, so den Affen u.a. Thieren mit Rollschwänzen, zum Anhalten; andere brauchen ihn zur Waffe u. Abwehrung der Insecten, bes. solche, welche Wedelschwänze haben, wie die Pferde. Häufig ist er auch Organ willkürlicher Bewegung zur Andeutung einer sensuellen Affection u. dann charakteristisch für diese, wie das Wedeln der Hunde mit dem S-e; od. es treten auch organische Veränderungen in den Hautbedeckungen des S-es gleichzeitig mit jenen sensuellen Anregungen ein, wie das Aufschwellen des S-es bei erzürnten Katzen, das Aufrichten des S-es bei Pfauen, Truthühnern. Die Grundlage des S-es der Säugethiere ist eine mehre od. mindere Menge von Schwanzwirbeln, deren größerer Theil, meist mit Abnehmen der Größe eines jeden, über den Rumpf hervorragt. Diese sind in jeder Hinsicht den meisten Verschiedenheiten unterworfen u. unterscheiden sich unter einander selbst u. von den übrigen Wirbeln am bedeutendsten. Sie haben unter allen Wirbeln dir länglichste Gestalt; die hinteren sind fast immer bedeutend mehr länglich als die vorderen, theils weil die Querfortsätze verschieden sind, theils weil der Körper bedeutend in dieser Richtung ausgedehnt ist. Die vorderen haben meist einen Kanal für das Rückenmark, die hinteren dagegen nicht. Je kürzer der S.u. je geringer die Zahl der ihn zusammensetzenden Wirbel ist, desto geringer ist verhältnißmäßig die Zahl der vollkommen gebildeten Wirbel. Die vorderen Schwanzwirbel der Säugethiere haben meist mehr od. weniger Dornfortsätze; von denen die oberen die gewöhnlichsten sind; bei den meisten langgeschwänzten Säugethieren finden sich in einer Menge größere od. geringere, gewöhnlich an den meisten Wirbeln im Allgemeinen im geraden Verhältniß mit der stärkeren Entwickelung des S-es stark ausgebildete, untere Dornfortsätze, welche zwischen je zwei Wirbelkörpern liegen, die oberen zum Theil bedeutend an Länge übertreffen u. sich bisweilen auch da finden, wo jene fehlen. Sie unterscheiden sich von den oberen dadurch, daß sie nicht mit den Wirbeln, zwischen denen sie liegen, verwachsen. Die meisten haben auf jeder Seite einen spitzen, gerade nach hinten gerichteten u. in der Mitte einen, an den vorderen stärkeren, nach vorn gerichteten Fortsatz. Meist sind dieselben unten einfach u. mehr od. weniger spitz geendet. Alle Schwanzwirbel verbinden sich unter einander durch ihre Körper, außerdem die vorderen mit dem Heiligbein unter sich sehr allgemein in größerer od. geringerer Zahl auch durch Gelenkfortsätze, von welchen die vorderen unten u. nach außen die hinteren des vorhergehenden Wirbels stoßen. Bei mehren Thieren haben diese vor den Gelenkfortsätzen mehr od. weniger stark nach oben u. außen ragende Verlängerungen. Auch an den meisten binteren Schwanzwirbeln, wo die Verbindung nicht mehr durch die Gelenkfortsätze, sondern blos durch Körper bewirkt wird, sind doch die vorderen, nicht aber die hinteren, als zwei mehr od. weniger starke, seitliche, an dem vorderen Theile des Wirbelkörpers liegende, nicht durch einander verbundene Höcker deutlich vorbanden, welche man nicht als Spuren des Rückenmarkloches ansehen darf, da dieses hinter ihnen zum Theil von einem kurzen Dorn überragt, sich in einer größeren od. geringeren Zahl von Wirbeln findet. Die größte Menge von Schwanzwirbeln haben Affen mit Rollschwänzen, so eine[508] Art 32. Überhaupt ist die Zahl der Schwanzwirbel sehr beträchtlich bei springenden Thieren (bei Känguruh), auch bei Thieren, welche in ihren Bewegungen Gewandtheit mit Behendigkeit verbinden (wie bei Katze, Fuchs, Maus etc.), alle diese haben meist über 20 Schwanzwirbel; die allermeisten aber haben die Ameisenfresser (der zweizehige 41) u. das Schuppenthier (das vierzehige 45). In der äußeren Erscheinung findet man folgende Unterschiede: nach der Gestalt ist der S. sehr lang, u. zwar länger als das Thier, bei Affen mit Wickelschwänzen u. langem, schlaffem S-e, beim Ameisenfresser, bei den Hausratten u. Hausmäusen; lang, länger als der Schenkel, bei Meerkatzen, Löwen, Tigern, der Zibethkatze: kurz, kürzer als der Schenkel, überhaupt bei hüpfenden, grabenden Thieren, bei Pavian, Bären, Igeln, Hafen, Maulwürfen etc.; gerade beim Fuchs, bei der Hyäne; rückwärts od. überwärts gebogen bei manchen Arten des Hundes; unterwärts gebogen bei anderen Arten des Hundes; rückwärts geschlagen bei den meisten Eichhörnchen.
Nach seiner Oberfläche ist der S. behaart od. bloß, ohne alle Haare (in welchem letzteren Falle er Ribbe heißt), bei Mäusen; schuppig, beim Biber, bei den Beutelthieren; geringelt bei den Gürtelthieren. Mehren Thieren fehlt der S., so mehren Affen, dem Reh, dem Goldmaulwurfe, dem Vampyr, dem Meerschwein, der Blindmaus. Der S. der Vögel tritt in der äußeren Darstellung nur in dem Gefieder, den Schwanzfedern, hervor; doch sind die Schwanzknochen dei Vögeln sehr ausgebildet. Die Zahl derselben aber variirt nach der Größe u. Beweglichkeit des Vogelschwanzes zwischen fünf u. neun Wirbeln, welche alle aus einem Körper mit oberer u. unterer Gelenkfläche, einem dornigen u. zwei langen Querfortsätzen bestehen. Gewöhnlich ist der letzte Wirbel der stärkste u. von ganz abweichender Bildung, seitwärts sehr zusammengedrückt gleicht er mit nach oben gerichteter Spitze einem Pflugschaar; an ihn sind bes. die Schwanzfedern befestigt. Sämmtliche Wirbel sind sehr beweglich u. werden durch einige Muskeln nach allen Seiten hin bewegt, wovon dann Ausbreitung u. Zusammenziehung des Schwanzgefieders, so wie jede Stellung desselben beim Fluge abhängig ist. Mit den Schwanzknochen steht der eigne drüsige Körper in nächster Verbindung, welcher mit jenen als sogenannter Bürzel für den Rumpf den Hintertheil bildet, unter den Schwanzfedern versteckt ist u. in eignen Absonderungsorganen, Öldrüsen, den Vögeln eine klebrige Feuchtigkeit darbietet, welche sie mit dem Schnabel ausdrücken, um damit sich die Federn zu überstreichen, indem sie diese selbst durch den mit diesem Öl benetzten Schnabel ziehen. Diese Öldrüsen sind sehr groß bei Wasser- u. Sumpfvögeln, fehlen aber Vögeln mit unvollkommener Ausbildung des S. es, wie der ungeschwänzten Hühnerrace. Das Schwanzgefieder od. der eigentliche Vogelschwanz zeigt folgende Unterschiede: als eigentliche Schwanzfedern (Steuerfedern) werden bes. die langen Federn bezeichnet, welche vorzüglich die Richtung des Körpers im Fluge bestimmen u. gewöhnlich 12 od. 10 an der Zahl auf der oberen Fläche der Schwanzknochen aufsitzen; sie sind von verschiedener Gestalt u. Richtung u. werden demnach auch verschieden bezeichnet. Über diesen liegen andere, welche solche von oben decken, die Steißfedern, welche ebenfalls von verschiedener Lage sind. S. der Amphibien, ist oft, so bei den Schlangen, ein so ununterbrochener Fortgang des Rumpfes, daß nur die Abweichung des Überzuges ihn andeutet; einigen fehlt er ganz (den Fröschen); bei andern ist er kürzer als der Rumpf (bei Schildkröten), bei andern von gleicher Länge mit ihm, od. auch wohl noch länger (bei Eidechsen). Der S. der Fische ist der hinter deren After verlängerte Rumpf; bei Knorpelfischen ist er zu beiden Seiten mit einer in Lappen zertheilten Haut besetzt, also ein gefiederter; bei Grätenfischen ist er meist scharf gerändert od. auch kantig, zuweilen ist er auch Flossen. Nach Verschiedenheit der Schwanzflossen, welche den Fischschwanz ebenso charakterisiren, wie die Schwanzfedern den Vogelschwanz, ist der Fischschwanz verschieden nach Gestalt u. Zusammenhang. Der S. der Insecten ist überhaupt das Ende des Unterleibes; er ist oft kürzer als der Körper, oft länger, od. von gleicher Länge u. seiner Gestalt u. Substanz nach verschieden. 2) Das männliche Glied, s.u. Genitalien S. 155; 3) das Ende eines Dinges, bes. wenn es dünn od. beweglich ist; 4) das zugespitzte Ende einer Röhre beim Zusammenfügen; 5) (Anat.), S. der Muskeln, s.u. Muskel; 6) (Maschinenw.), der hintere Theil des Daumen, s.d. 4); 7) der hintere Theil des Riegels an einem Schloß; 8) (Schwanzstück), der hintere Theil einer Laffete, s.d.I.; 9) so v.w. Nase der Schwanzschraube, s.u. Lauf 2); 10) die Spitzen der Borsten im Gegensatz des Wurzelendes; 11) so v.w. Notenschwanz, s.u. Noten; 12) der untere Theil eines Buches. 13) bei Parforcejagden die letzten Hunde; 14) (Astron.), so v.w. Kometenschweif; 15) das Ende des Rammtaues, s.u. Ramme 2) a); 16) der kürzere Arm des Helmes eines Schwanzhammers; auf den S. wirken die Däumlinge; 17) eine horizontale Fläche am Kegelstuhl, s.d.
Buchempfehlung
E.T.A. Hoffmanns zweiter Erzählzyklus versucht 1817 durch den Hinweis auf den »Verfasser der Fantasiestücke in Callots Manier« an den großen Erfolg des ersten anzuknüpfen. Die Nachtstücke thematisieren vor allem die dunkle Seite der Seele, das Unheimliche und das Grauenvolle. Diese acht Erzählungen sind enthalten: Der Sandmann, Ignaz Denner, Die Jesuiterkirche in G., Das Sanctus, Das öde Haus, Das Majorat, Das Gelübde, Das steinerne Herz
244 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro