Vampyr

[351] Vampyr, 1) (von den Serben Vukodlak od. Wukodlak, von den Walachen Murony genannt), nach dem Volksglauben Wesen, welche den Lebenden das Blut aussaugen u. dieselben dadurch tödten. Schon bei den Alten findet sich diese Meinung. So bei den Römern die Strigae, harpyienartige Wesen, welche Säuglinge rauben u. den Müttern nebst der Milch das Blut aussaugen sollten. Unter den griechischen Christen findet sich der Glaube, daß solche, welche im Kirchenbann verstorben waren, vom Teufel in einer Art von Leben erhalten würden, im Grabe äßen u. frisch u. wohlbeleibt blieben. Sie hießen Buthrolakkä od. Tympanitä, mußten ausgegraben, der Bann durch den Geistlichen aufgehoben u. der Körper dann verbrannt weiden. Dieser noch jetzt in Serbien, der Walachei u. Ungarn erhaltene Glaube von den V-en bildete sich wahrscheinlich aus jener Sage. Dort gilt der V. als ein Gespenst in Thiergestalt, welcher Nachts umherstreift u. den Lebenden durch einen Biß in den Hals, Brust od. Rücken das Blut aussaugt; er ist die uneheliche Frucht zweier Unehelichen od. die ruhelose Seele eines durch einen V. Getödteten. Die ganze Sache hängt mit dem, auch in andern europäischen Ländern hier u. da unter dem Volke noch bestehenden Glauben an das Kauen der Tobten in den Gräbern zusammen u. beruht auf der Annahme, daß Leichen im Grabe, so lange sie etwas von sich erreichen können, daran saugen u. nagen, dadurch unverwest bleiben, auch des Nachts aus den Gräbern hervorgehen u. Personen, mit denen sie im Leben in freundlichen od. feindlichen Verhältnissen gestanden haben, das Blut aussaugen u. dieselbe dadurch tödten, während sie sich selbst dadurch erhalten, die getödteten Personen aber wieder V-e werden. Im Jahre 1725 gab dieser Aberglaube (Vampyrismus) in dem ungarischen Dorfe Kisolova u. 1732 in dem serbischen Dorfe Medvegya, wo mehre Menschen von V-en geplagt u. getödtet sein sollten, Veranlassung zu gerichtlichen Untersuchungen, wobei die Gräber der verdächtigen Personen, 40 Tage od. länger nach dem Tode geöffnet, die Leichen angeblich großentheils unverwest, ohne Todtengeruch, mit aus Mund, Augen, Ohren fließendem, auch über das Hemd u. Obertuch verbreitetem Blut gefunden wurden. Nägel u. Haut waren abgefallen, aber neue gewachsen. Man schlug den Leichen einen Pfahl durch den Leib, wobei ebenfalls frisches Blut aus Mund u. Nase ausfloß, u. verbrannte sie. Die auffallende Beschaffenheit der ausgegrabenen Leichen findet ihre Erklärung in der Verschiedenheit, mit welcher die Verwesung in Gruben fortschreitet, von welcher selbst noch nicht alle Bedingungen bekannt sind. Dieser Aberglaube ist auch über andere Gegenden, so namentlich über Schottland, Irland etc. verbreitet. Lord Byron hat ihn zu einem Gedicht, mehre Franzosen zu Melodramen etc., Marschner zu einer Oper, nach Byrons Gedicht, benutzt. 2) Untergattung der Fledermaus, s.d. 1) C) a) dd).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 351.
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