Vampyr

[552] Vampyr heißt in der Naturgeschichte eine große, in den Tropenländern heimische Art Fledermaus (s.d.); ein im Morgenlande seit alten Zeiten herrschender Aberglaube denkt sich aber unter demselben Namen gespenstische Wesen, welche des Nachts umgehen, den Schlafenden das Blut aussaugen und sie dadurch umbringen sollen. Auf diese Art Gestorbene sollten dann wieder Vampyre werden, was die alten griech. Christen schon ungefähr ebenso von Denen glaubten, welche im Kirchenbann starben und die angeblichen Gespenster derselben Brukolakä nannten. In Griechenland, Serbien, Dalmatien, Ungarn ist der Aberglaube an Vampyre noch immer verbreitet und war vor ungefähr 100 Jahren die Veranlassung zu großen Besorgnissen und gerichtlichen Untersuchungen in einigen Gegenden von Ungarn, welche die Aufmerksamkeit von ganz Europa rege machten. In einem Dorfe an der serbischen Grenze sollte nämlich ein Hayduck am Bisse eines Vampyrs gestorben und hierauf ebenfalls als Vampyr seine Freunde und Bekannten gequält, ja mehre derselben schon umgebracht haben. Seine Leiche ward daher mehre Wochen nach dem Tode wieder ausgegraben, ihr ein Pfahl durchs Herz gestoßen und der Kopf abgeschnitten, was auch mit den angeblich durch ihn Umgebrachten geschah und als ein Mittel gilt, solchen Vampyren ein Ende zu machen. Auch in Schottland und Irland ist unter den gemeinen Leuten ein ähnlicher Aberglaube verbreitet, so sehr er auch allem gesunden Menschenverstande widerstreitet. Byron hat ihn zu einem Gedicht, der deutsche Componist Marschner zu einer Oper benutzt. Bildlich werden zuweilen Wucherer und Andere, welche auf ungerechte Weise von Einzelnen oder auch von den Bewohnern eines ganzen Landes Geld erpressen und ihnen gleichsam Schweiß und Blut aussaugen, Vampyre genannt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 552.
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