Kerntheorie

[440] Kerntheorie (Chem.), eine von Laurent begründete Theorie der Constitution organischer Verbindungen, nach welcher alle organischen Körper als aus gewissen Verbindungen von Kohlenstoff u. Wasserstoff bestehend od. aus ihnen hervorgegangen betrachtet werden, indem der ursprüngliche Wasserstoff durch eine gleiche Anzahl Äquivalente eines anderen Elementes od. auch gewisser Verbindungen (wie Untersalpetersäure, Amid etc.) vertreten werden kann. Jene als Grundlage für die Substitution gedachten Kohlenwasserstoffe nennt man Stammkerne (Urkerne) u. die aus denselben abgeleiteten Verbindungen abgeleitete Kerne. Aus dem Stammkern CH4 entstehen z.B. durch Austausch ein od. mehrer Äquivalente Wasserstoff gegen entsprechende Mengen Chlor, Untersalpetersäure u. Amid die abgeleiteten Kerne CH3Cl, CH2Cl2, CH3 (NO4), CH3 (NH2) etc. Treten diese Elemente od. Verbindungen auf diese Art in den Stammkern ein, so lassen sie sich ohne Zerstörung des abgeleiteten Kernes durch die gewöhnlichen Reagentien (z.B. das Chlor durch salpetersaures Silberoxyd) nicht nachweisen, dagegen können Stammkerne u. abgeleitete Kerne auch solche Verbindungen eingehen, daß sie selbst in ihrer Atomgruppirung nicht gestört werden u. der neu hinzutretende Körper gleichsam neben od. an ihnen lagert u. dann läßt sich der letztere, ohne den Zusammenhang der ersteren zu vernichten, nachweisen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 440.
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