Kirchenstrafen

[531] Kirchenstrafen (Censurae eccleaiasticae), in der Römisch-katholischen Kirche die Strafen, welche von der gesetzmäßigen kirchlichen Behörde wegen schwerer, äußerlich vollbrachter u. mit Hartnäckigkeit verbundener Vergehen entweder zur Besserung des Delinquenten (daher Poenae medicinales), od. zur Herstellung der verletzten moralischen Ordnung (Poenae vindicativae) od. meistens zu Bei dem zugleich verhängt werden. Gegen Geistliche sind es Suspension u. Degradation (s. b.), gegen Laien Excommunication u. Interdict (s. b.). Das Recht, K. aufzuerlegen, welches die Kirche sich von Anfang an, gestützt auf die ihr von Christus verliehene Binde- u. Lösegewalt (Matth. 13, 17) u. auf das Beispiel des Apostels Paulus (1. Kor. 5, 5, 1. Tim. 1, 20), vindicirte, hat jeder rechtmäßige Obere, der eine eigene Gerichtsbarkeit (Jurisdictio ordinaria) besitzt, also der Papst für die ganze Kirche, der Bischof für seine Diöcesanen, der Klosterobere für die Klosterleute. In außergewöhnlichen Fällen hat dies Recht auch jeder Geistliche, der eine vom Kirchenoberen übertragene Gerichtsbarkeit (Jurisdictio delegata) hat. Ist die Strafe mit dem Vergehen so verbunden, daß sie ihm ipso facto folgt, so heißt sie Censura latae sententiae; erfolgt sie aber erst nach richterlichem Urtheilsspruche, so heißt sie Cens. ferendae sententiae. Außerdem unterscheidet man zwischen K., welche durch die Canones od. kirchlichen Gesetze (Cens. latae a jure), u. denen, welche von den gesetzlichen Oberen in der Form eines richterlichen Spruches (Cens. latae ab homine) bestimmt sind.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 531.
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