Letalität

[307] Letalität (lat. Letalitas), die Tödtlichkeit einer Verletzung. Nach dem Gemeinen Strafrechte kann die Tödtung eines Menschen nur dann als verschuldet betrachtet werden, wenn die beigebrachte Verletzung mit dem daraus erfolgten Tode des Verletzten in einem ursächlichen Zusammenhang gestanden hat. Man unterschied dabei sonst zwischen absoluter L. (Vulnera absolute letalia), wenn solche Körperorgane verletzt wurden, welche zum Leben durchaus nöthig sind u. deren Zerstörung od. Verletzung daher unter allen Umständen den Tod nach sich ziehen müßte; u. bedingter L. (Vulnera per accidens letalia), wenn die Verletzung erst unter Hinzutritt einer Nebenwirkung, z.B. durch Verabsäumung von Hülfe, üble Witterung, ungehörige Behandlung od. hinzugetretene Krankheit, den Tod herbeigeführt hat, der unter andern günstigeren Umständen noch hätte vermieden werden können. Die letztern wurden wieder getheilt in rein zufällig tödtliche Verletzungen (Vulnera mere per accidens letalia), u. bei denen der Tod durch rein zufällig hinzugetretene Zwischenursachen, wie z.B. nur durch die in Folge des längern hülflosen Liegens des Verletzten in freier Luft herbeigeführte Verschlimmerung verursacht wurde; u. nur an sich, aber doch nicht absolut tödtliche (V. per se letalia), die zwar, sich selbst überlassen, einen tödtlichen Ausgang nehmen, von denen aber durch schnelle u. zweckmäßige Kunsthülfe der tödtliche Erfolg noch hätte abgewendet werden können. Andere haben noch eine Unterscheidung zwischen allgemein u. nur individuell tödtlichen Verletzungen aufgestellt u. unter der letzteren Art diejenigen verstanden, deren tödtlicher Ausgang nur durch die individuelle Körperbeschaffenheit des Verletzten, z.B. eine ungewöhnlich dünne Hirnschale des Verletzten, das Aufgehen eines ihm anhaftenden Geschwüres etc. veranlaßt wurde. Indessen herrschte schon bei diesen Aufstellungen über die Unterordnung der einzelnen Fälle viel Streit. Manche nahmen dabei noch sogenannte kritische Tage an, deren Ablauf nach der Verwundung bestimmen sollte, ob die Verletzung der einen od. andern Art zuzurechnen sei. Die neuere Theorie hat diese Unterscheidungen meistens ganz aufgegeben. Es kommt nur darauf an, ob die Verletzung den Tod herbeigeführt hat. Wirkten Zwischenursachen, die durch die Verletzung hervorgerufen waren od. doch ohne sie nicht in Wirksamkeit getreten sein würden, so ist doch der Thatbestand der Tödtung anzunehmen, wenn auch die Verletzung für sich allein nicht den Tod erzeugte. Nur wo der Tod sich als die Folge einer schon vor der Verletzung vorhandenen, für sich allein schon hinreichenden u. durch die beigefügte Wunde nicht erst in Wirksamkeit gesetzten Ursache war, od. wo zu der Verletzung ein von dem Verletzenden gar nicht vorauszusehender Zufall hinzutrat od. erst die Thätigkeit od. Unterlassung eines Dritten auf schuldhafte Weise den Tod des Verletzten erzeugte, ist der Thatbestand der Tödtung auszuschließen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 307.
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