Netze [1]

[803] Netze (Omenta), häufig, wiewohl unrichtig, auch als Netz (Omentun) bezeichnet, taschenähnliche Verlängerungen der Bauschaut, welche, indem der Magen, die Leber, die Milz u. der Grimmdarm damit als einer äußeren Haut umkleidet werden, sich in zwei durchscheinenden Blättern, von der vorderen u. hinteren Fläche dieser Eingeweide aus, fortziehen, u. die, einander nahe liegend, nur durch ein dünnes, weitfächeriges Zellgewebe von einander geschieden sind, in welchem bei Erwachsenen, im Verhältniß, wie sie überhaupt einen magern od. fetten Körper haben, wenig od. auch sehr viel, selten bei sehr magern Personen gar kein Fett gelagert ist, immer aber ein wässeriger Dunst sich vorfindet, u. worin zugleich sehr ansehnliche u. zahlreiche Gefäße (Netzarterien u. Netzvenen) als Aste von mehrern nahe gelegenen Bauchblutgefäßen, aber nur wenig kleine Nerven (Netznerven) von den Nervenbauchgeflechten aus (die aber eigentlich nur den Netzgefäßen angehören) sich verbreiten. Die Blätter hängen so locker zusammen, daß nur eine eigene länglichrunde Öffnung, Winslowsches Loch (Foramen Winslowii) unter dem rechten Leberlappen, zwischen dem Halse der Gallenblase, der ersten Krümmung des Zwölffingerdarms, dem Leberzwölssingerdarmbande u. dem Zwölffingernierenbande, vorn durch die Pfortader, die Leberarterie u. den Gallengang, hinten durch die untere Hohlader begrenzt, vorhanden ist u. eine geräumige, innere, zellig sich darstellende Höhlung, die für die N. eine gemeinschaftliche ist, mit Luft aufgeblasen werden kann. Man unterscheidet ein großes u. ein kleines Netz. A) Das große Netz (Omentum majus) kommt sogleich nach Öffnung der Bauchhöhle u. nach Zurückschlagung der gebildeten Hautlappen, als eine Art von dünnem, vom großen Bogen des Magens aus, vor dem obern Theil der Gedärme herabhängendem Vorhang zur Ansicht; hängt oberwärts mit dem Magenmilzbande u. der Umkleidung des Zwölffingerdarms zusammen, u. ist eine Duplicatur des bes. zu den Magenhäuten gehörigen Theils der Bauchhaut; abwärts steigt er über dem Grimmdarm u. dem obern Theile des Zwölffingerdarms bis zum Nabel, meist jedoch noch etwas unter demselben, häufig auch, bes. wenn es fettreich ist, bis in das Becken u. in die Leistengegenden herab (daher die Möglichkeit, hier sich bildender Netzbrüche); beim Embryo erstreckt es sich noch kaum über den Grimmdarm u. ist durchaus fettleer. In genauerer Unterscheidung zerfällt es in zwei Abtheilungen: a) in das Magengrimmdarmnetz (O. gastro-colicum), als dem größern Theil auf der linken Seite, u. b) in das Grimmdarmnetz (O. colicum), einen kleinern Theil der rechten Seite, der eigentlich mehr eine Duplicatur des Bauchfells vom Grimmdarm aus ist. B) Das kleine Netz (O. minus, Magen-, Lebernetz, O. gastro-hepaticum), ist eine Duplicatur der Bauchhaut von der Leber u. dem Magen aus, u. kommt erst zum Vorschein, wenn man den linken Leberlappen in die Höhe hebt u. vom Magen entfernt. Es erstreckt sich von der Querfurche der Leber, der Furche des venösen Ganges u. der Glissonschen Kapsel (s.u. Leber) aus zur ganzen kleinen Krümmung des Magens, ist zärter, als das große Netz, auch weit fettarmer, steht aber mit ihm durch die bemerkte Öffnung in Verbindung. Beim Embryo ist es wegen der größern Leber u. der mehr geraden Richtung des Magens größer, als bei Erwachsenen, u. daher ist auch hier das Winslowssche Loch leichter zu finden Noch können als hierher gehörig gerechnet werden: die Netzförmigen Anhänge des Grimmdarms (Omentula coli, Appendices [803] epiploicae), kurze, länglichrunde, an ihrem verschlossenen Ende dickere, mit Fett, od., bei sehr magern Personen, mit einer röthlichen, gallertartigen Feuchtigkeit gefüllte, sackförmige Verlängerungen der Bauchhaut des Dickdarms, welche Ähnlichkeit mit den gedachten N-n haben u. an mehrern, aber unbestimmten Stellen auf dem Dickdarme aufsitzen. Ähnliche Fettsäcke finden sich auch wohl in dem Gekröse des Grimmdarms, in der Nähe des letzteren. Überhaupt haben die N. wohl nur die Bestimmung, Vorrathsbehältnisse für das abgesonderte Fett zu sein, auch den Baucheingeweiden zu einigem äußern Schutz zu dienen. Von Thieren besitzen nur die Säugthiere N-e; bei vielen, wie beim Rinde, überhaupt bei Wiederkäuern, ist das große Netz sehr fettreich, auch bei mehrern Winterschläfern, wie beim Murmelthiere. Bei Vögeln u. Amphibien vertreten eigene Fettklumpen, bei Fischen eine über die dünnen. Gedärme ausgebreitete schmierige Masse deren Stelle.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 803-804.
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