Nicotin

[883] Nicotin, C10H7N2, von Posselt u. Reimann entdeckte organische Base des Tabaks. Es findet sich in den Blättern u. Samen der Tabakspflanze als äpfelsaures u. citronensaures N. u. wird dargestellt, indem man wässeriges Tabaksextract heiß mit dem doppelten Volumen Alkohol schüttelt, die sich abscheidende obere Schicht von der unteren trennt, den Alkohol abdestillirt u. den syrupartigen Rückstand von Neuem in gleicher Weise mit Alkohol behandelt. Der alkoholische Auszug wird noch warm mit concentrirter Kalilauge u. nach dem Erkalten mit Äther geschüttelt. Aus der ätherischen Lösung wird das N. mit Oxalsäure gefällt, der Niederschlag mit Äther gewaschen u. zuerst mit Kalilauge, dann mit Äther geschüttelt. Der nach dem Abdestilliren des Äthers bleibende Rückstand wird in einem Strome von Wasserstoffgas bei 140° getrocknet u. dann bei 180° abdestillirt. Das N. ist eine wasserhelle Flüssigkeit, welche scharf brennend schmeckt, unangenehm, stechend u. scharf nach Tabak riecht, ein spec. Gew. von 1, hat, bei 246° siedet u. außerordentlich gifrig wirkt; es findet sich auch im Tabaksrauch, weshalb der Tabakssaft der Pfeifen sehr giftig wirkt. Die Wirkung des N. ist so heftig, daß Sperlinge, Tauben u. andere kleine Thiere von einem Tropfen nach wenigen Augenblicken, Katzen u. Hunde je nach der Dosis in 2–5 Minuten sterben. Die Thiere sterben, mit Schaum vor dem Maule od. unter Convulsionen. Eine Menschenvergiftung damit kam zuerst bei dem Morde des Grafen v. Bocarmé (s.d.) an seinem Schwager Fougnies 1851 vor. Es tödtet schon in einigen Tropfen auf die Zunge genommen. In der Medicin u. Industrie ist bis jetzt kein Gebrauch davon gemacht worden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 883.
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