Religionsunterricht

[35] Religionsunterricht, Unterweisung der Jugend in der Religion überhaupt, bes. aber in der christlichen. Bei der Ertheilung desselben ist in der Form u. Materie das Alter u. die Bildungsstufe des Zöglings zu berücksichtigen u. dabei festzuhalten, daß das ganze geistige Leben des Schülers davon ergriffen u. berührt wird. Die ersten religiösen Eindrücke u. Vorstellungen erhält das Kind in zartester Jugend durch frommes Beispiel der Eltern u. Verwandten u. religiöse Gespräche, zu denen überall in der Umgebung des Kindes Gelegenheit sich darbietet. Daran schließt sich dann, etwa vom siebenten Jahre an, der eigentliche R., welcher vom Anfang bis zum Ende am Faden der Biblischen Geschichte fortschreitet u. sich an den Katechismus anschließt. Nach Alter, Fähigkeit, Ausbildung u. Bestimmung ist nun der R. in verschiedene Stufen zu sondern. Auf der ersten Stufe werden die religiösen u. moralischen Grundbegriffe an biblischen Geschichten entwickelt; dazu kommen noch andere für die Jugend ausgewählte Erzählungen u. Parabeln. Wenige kernhafte, angemessene Bibelsprüche werden dem Gedächtniß fest eingeprägt, um die unverlierbare religiöse Grundlage für das ganze Leben zu bilden. Auf der zweiten Stufe wird der geschichtliche Stoff erweitert, die Hauptsache aus der christlichen Kirchengeschichte voraus mitgetheilt u. die Religionslehren werden nun populär mehr im Zusammenhange vorgetragen, gewöhnlich nach Anleitung eines Lehrbuchs. Dabei werden die Hauptstücke fest eingeprägt, ebenso die passenden Bibelstellen, u. der Schüler durch fleißiges Lesen u. Erklären biblischer Abschnitte u. ganzer Bücher genau mit der Bibel bekannt gemacht. Für die gewöhnlichen Land- u. Bürgerschulen ist dies die letzte Stufe. Der Confirmandenunterricht vollendet das in der Schule begonnene Gebäude. Die dritte Stufe ist für höhere Schulanstalten, hier nimmt der R., ohne Verdrängung der Erbaulichkeit, auch eine höhere wissenschaftliche Richtung, u. der Schüler wird mehr mit der christlichen Kirchengeschichte bekannt gemacht. Während früher der R. meist darin bestand, daß man die wichtigsten biblischen Stellen u. die Hauptstücke des Katechismus auswendig lernen ließ, hat die neuere Methodik denselben so zu behandeln gesucht, daß die Religion Eigenthum des Geistes u. Herzens u. eine Mitgabe für das ganze Leben wird. Hierbei ist in Bezug auf den Stoff bes. die Frage besprochen worden, ob der R. ein allgemeiner od. ein confessioneller sein soll, wobei sich die meisten Stimmen für den letzteren erklärt haben. Die Lehrmittel sind die Bibel, welche nach einigen als Ganzes, nach Anderen nur als Auszug den Kindern in die Hand gegeben werden soll, der Katechismus od. an dessen Stelle hier u. da ein Religionslehrbuch, das Gesangbuch, aus welchem man eine Anzahl auswendig lernen läßt. Bei Behandlung des religiösen Stoffes wechselt statt der sonst ausschließlich angewendeten katechetischen Lehrform die Frage mit der erbaulichen Ansprache ab.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 35.
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