Sandschak-Scherif

[857] Sandschak-Scherif (Fahne des Propheten, Muhammedsfahne), die Hauptfahne Muhammeds; sie bestand aus schwarzem Camelot u. war das Hauptpanier der Koreischiten. Der S.-S. ist mit einer andern Fahne bedeckt, deren sich der Khalif Omar bediente, dann in 40 taffetne Umschläge eingehüllt u. endlich von einem Futteral von grünem Tuch umschlossen u. wird mit dem Mantel des Propheten (Khirkai-Scherif) in der kaiserlichen Schatzkammer verwahrt. Die eigentliche alte Fahne kommt nie aus derselben; dafür hat man eine andere, welche mit in den Krieg genommen wird; sie ist sehr alt, 5 QF. groß, von grünem, seidenem Zeuge mit goldenen Fransen, ohne Aufschriften u. Zeichen, nur an der Spitze der Stange das einzige Wort: Älem (Fahne); liegt in fünf großen grünatlassenen Futteralen u. einem Kasten von Citronenholz, welcher auch mit Silber u. Gold beschlagen ist. Ein Ungläubiger darf sie nie sehen. Bei gefährlichen Kriegen gegen die Christen od. die Perser, ebenso bei inneren Unruhen wird sie auf der Sophienmoschee od. am Serai aufgepflanzt, worauf sich jeder waffenfähige Muselman um den Sultan scharen soll. Nur wenn der Sultan selbst mit ins Feld zieht od. wenn die Entzündung des Fanatismus zu einem Vertilgungskriege nöthig scheint, wird sie mit in den Krieg genommen; unter Begleitung des Sultans u. Großveziers befreit sie der Mufti von ihren Futteralen, hebt sie in die Höhe u. ruft: Allah! Darauf hält er eine kurze Rede an das Heer. Sobald die Armee ins Lager kommt, wird die Fahne in einen goldenen Kasten nebst dem Koran u. Mantel Muhammeds verschlossen u. auf ein Kameel gepackt, welches vor dem Sultan od. Großvezier hergeführt wird. Sie kommt nie ins Treffen, sondern wird von ihrem Aufseher (Nakibieschres) im Lager sorgfältig bewahrt, welcher auch, sobald sich der Sieg auf die Seite der Feinde neigt, zuerst mit ihr flieht. Anfangs wurde der S.-S. in Damask bewahrt; unter Murad III. (1595 n. Chr.) trug man sie aus Asien nach Europa, über Gallipoli nach Ungarn ins Lager u. von da nach Constantinopel.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 857.
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