Entzündung

[783] Entzündung, 1) (Phys.), s.u. Verbrennung; 2) (Med., Inflammatio, Phlegmasia), derjenige krankhafte Zustand, wo die kleinsten Blutgefäße sich übermäßig mit Blut füllen u. dadurch Röthung, Schwellung, Schmerz u. Ausschwitzung wässeriger od. gerinnender Stoffe aus dem Blute bedingen. Erscheinungen: größere Blutansammlung u. vermehrte Röthe, Verwandlung nicht blutführender Gefäße in blutführende, Anschwellung u. Härte, vermehrte Wärme (Hitze), erhöhte Energie des Pulses u. Übergang von pulsirender Bewegung in Gefäße, worin gewöhnlich kein Klopfen wahrgenommen wird, bei höheren Graden der E., vorzüglich innerer Theile, Fieber, veränderte Qualität des Blutes, erhöhte Empfindlichkeit, Schmerz, gestörte Verrichtungen des leidenden Theiles. Die nächste Ursache der E. glaubt man in einer eigenthümlichen Neigung des Organismus mit veränderter Blutbeschaffenheit u. dadurch bedingten eigenen Verhalten des Nervensystems zu finden. Anlage zur E. bietet eine reizbare od. zu kraftvolle Körperconstitution dar, so wie eine, eigenthümlichen Entwickelungen günstige Lebensepoche, ferner der Genuß zu vieler reizender u. stark nährender Lebensmittel, zu häufiger Gebrauch spirituöser Getränke etc. Unmittelbare Veranlassungen sind: mechanische od. chemische Einwirkungen, große Anstrengung, Erkältung, Verletzungen einzelner Theile, Einwirkung von Contagien u. Krankheitsstoffen auf sie etc. Die Eintheilungen ergeben sich verschieden, je nachdem man die Erscheinungen von verschiedenen Gesichtspunkten auffaßt. Man unterschied sonst äußere u. innere, active u. passive, adhäsive, suppurative, offenbare u. verborgene, sthenische u. asthenische, sporadische u. epidemische E., so auch nach der Veranlassung erysipelatöse, rheumatische, gichtische, nach dem Grade heftige, echte (Phlegmone) u. gelinde, unechte (Paraphlogosis, Subinflammatio) etc. Am wichtigsten ist der Unterschied nach der Dauer u. dem Charakter der E., wonach man acute, schneller verlaufende, u. chronische, langsam verlaufende; synochische, wobei alle Symptome energischer auftretend eine abnorm gesteigerte Tendenz der Bildungsthätigkeit verrathen, u. typhöse E. unterscheidet, in welcher die weniger stark hervortretenden Symptome u. eine bes. vorwaltende Empfindlichkeit auf eine abnorm gesunkene Bildungsthätigkeit hindeuten. Als eine eigenthümliche Art der E. in Bezug auf ihre Entstehung ist noch die metastatische E., mit deren Auftreten ein früherer anderer krankhafter Zustand, wenn auch nicht aufhört, so doch der Erscheinung nach zurückzutreten scheint. Die einzelnen E-en selbstbenennt man nach den Orten ihres Vorkommens u. spricht daher von Gehirn-, Augen-, Hals-, Herz-, Magen-, Lungen-, Darm-, Leber-E. Der Verlanf der E. zeigt einen regelmäßigen Typus u. eine bestimmte Reihenfolge der Erscheinungen. Ausgänge[783] der E. sind: Zertheilung (Resolution), Aufhören der E. ohne Folge, als der günstigste, Eiterung od. Verschwärung, Ausschwitzung, Ergießung einer serösen Flüssigkeit (Wassersucht), Verhärtung u. Verwachsung, Brand, als der schlimmste Ausgang. Der wichtigste u. keiner E. fehlende Ausgang ist Ausschwitzung (Exsudation) u. zwar so, daß bei schwacher E. der schon bestehende Stoffwechsel nur vermehrt wird, wie Schleimabsonderung beim Schnupfen, im stärkeren Grade Eiter od. sogar feste gerinnende Stoffe (Croup) absetzt. Die Gefahr hängt von dem Grade der E., dem Orte, welchen sie einnimmt, u. den einwirkenden Ursachen etc. ab. Die Behandlung muß, wo möglich, immer auf Zertheilunggerichtet sein; zugleich müssen die veranlassenden u. unterhaltenden Momente entfernt werden. Hierauf wirken kühles, ruhiges Verhalten, kühlende, mehr schwächende Diät, überhaupt die antiphlogistische Heilmethode, nebst den angemessenen topischen Mitteln, wenn die E. eine äußere ist. Je complicirter eine E. ist, desto mehr u. verschiedene Rücksichten sind auch beim Heilverfahren wahrzunehmen. Vgl. Gentrin, Beschreibung der E., aus dem Französischen von Radius, Lpz. 1825–29, 2 Thle.; Rasori, Theorie der E., aus dem Italienischen von Runge, Brem. 1838, 2 Thle.; Klencke, Physiologie der E. u. Regeneration in den organischen Geweben, Lpz. 1842; Travers, The physiology of inflammation and the healing process, Lond. 1844; Suringar, Institutio de morbis acutis s. Doctrina inflammationis et febrium, Amsterd. 1844, 2 Bde.; G. Zimmermann, Zur Analysis u. Synthesis der pseudoplastischen Processe, Berl. 1844.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 783-784.
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