Croup

[550] Croup (engl., spr. Krup, lat. Angina membranacea, A. exsudatoria, A. polyposa, Laryngitis exsudativa s. pseudomembranacea, Häutige Bräune), 1) eine dem Kindesalter eigenthümliche hitzige Entzündung der Schleimhaut des Kehlkopfes, der Luftröhre od. auch beider zugleich, u. im weiteren Verlaufe der Luftröhrenäste u. der Lungen, welche durch Ausschwitzung einer die Luftwege verschließenden, zu Haut gerinnenden Masse Erstickung droht od. tödtlich wird. Der C. wurde zuerst von Hom in Schottland 1765 genauer beobachtet u. scheint in neuerer Zeit häufiger geworden zu sein. Der C. beginnt entweder plötzlich od. nach Vorläufern, welche in Form eines einfachen Katarrhes, in Unbehagen, Schnupfen, Husten, Heiserkeit, gelinden Fieberbewegungen mit etwas beschleunigtem zärtlichem Pulse bestehen. Gern tritt der Anfall in den ersten Stunden der Nacht ein u. zwar unter grobbellendem Husten u. plötzlichem Aufschrecken der Kinder. Das Fieber steigert sich zum entzündlichen, die Nase wird trocken, die Haut brennend, die Stimme rauh, heiser, zuweilen ist der Kehlkopf schmerzhaft, sei es auf Berührun od. beim Einathmen, u. häufig sind Gaumen u. Mandeln zugleich mit entzündet, geschwollen u. mit weißen Ausschwitzungen bedeckt. Das Einathmen wird immer mühsamer mit pfeifendem, zischendem, röhrenartigem Geräusch, Austreibung u. bläulichrother Färbung des Gesichts, vieler Angst, Herumwerfen des Körpers, Rückwärtsbeugen u. Aufwärtsstrecken des Halses verbunden, während das Ausathmen leichter, geräuschloser u. oft mit Schleimröcheln erfolgt. Die Stimme wird fast tonlos od. überspringend, einem Krähen ähnlich (Croupstimme); der Husten ist rauh, trocken, bellend, zuletzt klanglos, wird leicht hervorgerufen, kehrt aber auch periodisch wieder. Trockene, grobe Rasselgeräusche in der Kehle deuten auf die Gegenwart zäher Massen hin, die sich nicht loslösen wollen. Abends sind alle Erscheinungen verschlimmert u. erreichen oft spät in der Nacht ihre Höhe, während die Morgen- u. Vormittagsstunden nicht selten mit anscheinendem Wohlbefinden täuschen. Binnen 1 od. wenigen Tagen erfolgt die entzündliche Ausschwitzung, Husten u. Rasseln wird feuchter, ein dicker, eitriger, trüber Schleim wird ausgeworfen, auch einzelne Stückchen od. Röhrchen der ausgeschwitzten zähen Haut lösen sich, u. es erfolgt Erleichterung u. Genesung unter reichlichen Stühlen u. warmen Schweißen. In den schlimmeren Fällen erreicht die Athemnoth u. Angst des Kranken einen erschreckenden Grad, das Athmungsgeräusch wird geradezu sägend, die Gliedmaßen werden kühl, die Lippen schwarzblau u. endlich verfallen die Gesichtszüge, periodische Erstickungsanfälle u. verschiedene andere nervöse Zufälle treten ein u. zuletzt erfolgt der qualvollste Erstickungstod, gewöhnlich bei ungetrübtem Bewußtsein. Selten nur wird in den schlimmern Fällen das ganze häutige Gebilde plötzlich ausgeworfen u. unter kritischen Absonderungen kann noch Besserung erfolgen; gewöhnlich aber verbreitet sich der Ausschwitzungsproceß auf Bronchien u. Lungenzellen, u. der Tod erfolgt durch Lungenentzündung od. hitziges Lungenödem. Man unterscheidet beim C. 4 nicht deutlich geschiedene Abschnitte: a) das katarrhalische Stadium (Stadium catarrhale), welches bisweilen fehlt; b) das entzündliche Stadium (Stad. inflammatorium); c) das Ausschwitzungsstadium (Stad. exsudativum); d) das Erstickungsstadium (Stad. suffocativum). Je nach dem Charakter des C. unterscheidet man einen krampfhaften C. mit überwiegenden Krampfzufällen, u. einen torpiden C. mit geringem Fieber, freien Zwischenräumen, wobei die Entzündung mehr auf die Bronchien beschränkt ist. Was man als falschen C. bezeichnet, ist nur ein echter Kehlkopfskatarrh, der bei zum Husten ungeschickten od. sehr setthalsigen Kindern einen bellenden Husten, den sogen. Schafhusten, erzeugt, gar leicht aber in C. übergehen kann. Je nach dem Sitz hat man einen Kehlkopf-, Luftröhren- u. Bronchiencroup unterschieden. Der C. befällt am häufigsten Kinder bis ins 10. Jahr, im Ganzen mehr Knaben als Mädchen, kommt vereinzelt vor, herrscht aber auch epidemisch unter manchen Witterungsverhältnissen (Nord- u. Ostwind, Thau- u. Frostwetter), begleitet nicht selten Masern, Pocken u. Scharlach. In nördlichen, rauhen Klimaten ist er endemisch. Manche Kinder scheinen Disposition dazu zu haben, u. einmal überstandene Anfälle scheinen Anlage zu Rückfällen zu begründen. Als C. der Erwachsenen[550] bezeichnet man jene Fälle von Kehlkopf- u. Luftröhrenentzündung, wo ähnliche häutige Massen gewöhnlich nur in kleinen Partien ausgeworfen werden; die Symptome sind aber weniger heftig, indem die Entwickelung des Kehlkopfes u. der Athmungsorgane sich ganz anders verhalten. Die Behandlung des C. hat den Zweck, die gerinnende Ausschwitzung in den Luftwegen zu verhüten, oder, ist sie schon geschehen, die Gerinsel zu entfernen u. ihre Wiedererzeugung zu verhüten; daher ist es wichtig, die Krankheit in ihrem ersten Beginn zu erkennen u. ärztliche Hülfe nicht zu versäumen, wo man auf guten Erfolg noch trauen darf. Man achte vor Allem bei katarrhalischen Krankheiten des Kindesalters auf einen Schmerz des Kehlkopfes u. der Luftröhre, sei es freiwillig od. auf Berührung, u. auf entzündlich schmerzhafte Zustände der Mandeln u. des Gaumens, auf den Ton der Stimme, andauernde Heiserkeit, zischendes Einathmen u. eigenthümliches Husten. Brechmittel u. Blutentziehungen, Breiumschläge, Klystiere, Einathmung feuchtwarmer Dämpfe sind die Hauptmittel der ärztlichen Kunst, um der Krankheit zu steuern. Je nach dem Stadium der Krankheit ist die Behandlung verschieden, die aber in weiter vorgeschrittenen Fällen nicht viel mehr auszurichten vermag. Das äußerste Mittel, die Bronchotomie, ist auch nur von zweifelhaftem Erfolg. Bei keiner Krankheit ist darum zeitige Hülfe so nothwendig, als bei C. Die Homöopathie wendet zunächst die gewöhnlichen Fieber- u. antikatarrhalischen Mittel an, erkennt aber als eigentlich specifisches Mittel den gebrannten Schwamm. Vgl. Sachse, Das Wissenswürdige über die häutige Bräune, Lüb. 1810–12, 2 Bde.; Albers, De tracheitide infantum, Lpz. 1816 (Preisschr.); Jürine, Abhandlungen über den C., deutsch von Heineken, Lpz. 1816 (Preisschr.); I. Fr. Engelhard, Der C. in dreifacher Form, Zür. 1828; E. Fischer, De anginae membranaceae origine et antiquitate, Berl. 1830; Krüger-Hansen, Normen für die Behandlung des C., Rostock 1832; Ph. von Hagen, Der torpide C., Gött. 1835; Ferd. Michaelis, Beobachtung einer häutigen Bräune ohne Husten, Magdeb. 1836; I. Chr. Fleck, Der C. u. die ihm ähnlichen Krankheitsformen, 1838, 2 Thle.; F. W. Heidenreich, Revision der neueren Ansichten u. Behandlung des C., Erl. 1841; B. Weber, Der C. u. seine Behandlung, ebd. 1847; H. Green, Observ. on the pathology of C., New-York 1849. 2) Im weiteren Sinne croupöse, heftigere, phlegmonöse Entzündung der Schleimhaut mit plastischer, faserstoffiger Ausschwitzung, kommt zwar an allen Stellen der Schleimhaut vor, auch auf einzelne Drüsenfollikel beschränkt als Aphthen, zeigt aber doch eine auffallende Beziehung zur Respirations-, Dickdarm- u. Gebärmutterschleimhaut, daher Lungencroup, croupöse Entzündung der Luftwege, Dickdarmcroup, Gebärmuttercroup u. C. verschiedener anderer Schleimhautorgane.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 550-551.
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