Brechmittel

[254] Brechmittel (Vomitive, Emetica, Vomitoria), Arzneimittel, welche eine Ausleerung des Magens nach oben hervorbringen. Mächtig durch den Act des Erbrechens in das Leben eines so wichtigen u. mit dem übrigen Körper in so enger u. bedeutsamer Verbindung stehenden Theils eingreigreifend, erstrecken die B. ihre Einwirkung nicht blos auf diesen, sondern auch auf mehrere andere Systeme u. Organe u. werden dadurch, zur rechten Zeit angewendet, zu den kräftigsten u. heilsamsten Mitteln. Die nächste Wirkung derselben ist im Allgemeinen eine schwächende, aber auch zugleich beruhigende, u. die bezweckten Heilerfolge derselben treten gewöhnlich schnell ein. Man benutzt sie zur Entfernung erzeugter (Schleim-) od. mancher dem Magen od. dem Verdauungsapparat Angehörigen belästigenden Stoffe, wie Schleim u. Galle, von durch Übermaß od. Unverdaulichkeit lästigen Speisen u. Getränken, fremden, im Magen selbst od. auch in der Speiseröhre befindlichen Körpern, von Giften, theils um durch die hervorgebrachte Umänderung der Thätigkeit des Magens u. der mit ihm in naher Verbindung stehenden Theile des Unterleibes die Verrichtungen derselben wieder zur Regelmäßigkeit zurückzuführen, theils wegen der in andern Systemen erzeugten Gegenwirkungen zur Heilung mancher aus Störungen des Nervenlebens beruhender Übel, zur Entfernung von Stockungen des Blutes, vorzüglich im Unterleibe, zur Erregung der Thätigkeit der Lungen, z.B. um in der Luftröhre befindliche Körper auszustoßen, gegen manche Diarrhöen, die Ruhr, hitzige Rheumatismen, um im Auskeimen begriffene Krankheiten in ihrer Entwickelung zu ersticken, drohenden Ablagerungen von Krankheiten auf edle Theile vorzubeugen. Doch ist im Allgemeinen große Vorsicht nöthig. Neigung zu Blutandrang nach dem Kopfe, zu Schlagfluß, Bluthusten od. Geneigtheit dazu, Brüche, Schwangerschaft, Vorfälle, Entzündungen des Magens, hohes Alter etc., verbieten entweder ihren Gebrauch völlig, od. gestatten ihn doch nur unter gewissen Umständen. Manche Individuen befinden sich in einer dem Gebrauche derselben ungünstigen Stimmung, zufolge welcher entweder kein Erbrechen bei ihnen durch dieselben erzeugt werden kann, od. dieses nur unter gewaltsamen u. Gefahr drohenden Zufällen erfolgt. Ihre gewöhnlichste Anwendung geschieht durch den Magen; doch wirken sie in größern Gaben, auch in Klystieren, od. in Auflösungen[254] u. Salben auf die Magengegend angebracht (endermatisch). Ist der Zugang zu dem Magen versperrt u. eine schnelle Beibringung derselben angezeigt, so werden sie auch schon durch eine geöffnete Blutader eingespritzt. Die B. sind theils scharfstoffige Mittel, welche den Magen reizen (Brechweinstein, Brechwurzel, schwefelsaurer Zink, Kupfervitriol), theils ekelerregende Getränke (laues Wasser mit Butter), theils bloßes Schlundkitzeln (den Finger od. eine Flaumenfeder in den Hals stecken). Das Erbrechen wird befördert durch Nachtrinken von lauem Wasser od. Kamillenthee. In kleinen Gaben, so daß kein wirkliches Erbrechen, sondern nur Ekel erfolgt, werben sie zur Ekelcur angewendet.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 254-255.
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