Rostock

[383] Rostock, 1) District im Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin, 5 QM., 26,000 Ew.; 2) Stadt darin, links an der Mündung der Warnow in den mit der Ostsee in Verbindung stehenden Breitlingssee u. an der Mecklenburgischen Bahn (Hagenow-Schwerin-R.); besteht aus der Alt-, Mittel- u. Neustadt, sowie aus mehren Vorstädten; Alt u. Mittelstadt sind durch einen Kanal, die Grube, geschieden. R. hat einen bastionirten Wall, ist jetzt aber nicht mehr Festung. Von Behörden bestehen hier eine Justizkanzlei, ein Consistorium, ein landschaftlicher Ausschuß; R. hat, als Überbleibsel der früheren Hansarechte, seine eigene Verfassung, Münzrecht, eigene Gerichtsbarkeit u. das Recht sich selbst zu besteuern. R. hat 4 Land- u. 12 Wasserthore, 3 Marktplätze, worunter der Neumarkt 100 Fuß über der Warnow liegt u. der Blücher- (sonst Marien-) platz, mit dem ehernen Standbild des hier gebornen Feldmarschalls Fürsten Blücher. Unter den 6 Kirchen zeichnen sich aus die Marienkirche mit Hugo Grotius' Grab- u. Denkmal (seine Leiche ist später nach Delft in Holland gebracht), die Peterskirche mit dem höchsten Thurm Mecklenburgs, die Kirche zum heiligen Kreuz mit protestantischem Kloster für 8 Jungfrauen. Sonstige Gebäude: großherzogliches Palais, Rathhaus, Zucht-, Armen-, Waisenhaus, Irrenheilanstalt, Leihhaus, Theater, Bank. Wissenschaftliche Anstalten: die Universität ist 1419 von den Herzögen Johann III. u. Albrecht V. von Mecklenburg unter Mitwirkung der Stadt gestiftet; 1437 wurde dieselbe nach Greifswald verlegt, wo sie bis 1443 blieb; 1485, wo in einem Studentenaufruhr der Kanzler ermordet wurde, bis 1492 war sie fast ganz eingegangen; 1760 entließ der Herzog die von ihm angestellten Professoren u. errichtete zu Bützow eine Universität; doch blieben die vom Rath eingesetzten Professoren in R. u. setzten die Vorlesungen fort; 1789 erfolgte die Wiedervereinigung der Universität Bützow mit der von R. Sie hat Bibliothek, Medaillencabinet, Botanischen Garten, Anatomisches Theater, Theologisch-Pädagogisches Seminar u. 100–130 Studenten. 1827 hörte das Compatronat des Rathes für die Universität auf. Außerdem bestehen in R. die Mecklenburgische Naturforschende u. eine Philomathische Gesellschaft, auch Gymnasium, Seminar-, Thierarznei-, Handels-, Seemannschule, Kaltwasserheilanstalt (seit 1840). R. ist die Handelsstadt Mecklenburgs seit 1850 mit Bank. Gegenstände des Handels sind bes. Ostseegetreide u. andere Ostseeartikel, Holzwaaren, Theer, Kalk, Eisen, Colonialwaaren; Woll- u. Pferdemärkte. Hafen ist das etwa 2 Meilen unterhalb R. liegende Warnemünde am Ausfluß der Warnow mit Seebad, von 1500 Schiffern, Fischern u. Lootsen mit eigener Tracht bewohnt, dort clariren Schiffe über 150 Last, kleinere segeln die Warnow, welche aber bei R. nur 8–10 Fuß tief Wasser hat, hinauf bis R. R. hat eine eigene Flagge: weiß, das obere innere Viertel gelb mit einem nach innen stehenden schwarzen Greifen; in dem weißen Felde die Zahl des Schiffes (1858: 278 Schiffe, die größte Handelsflotte in der Ostsee). Sonst hat R. Fabriken, Schiffbau, Bierbrauerei, Branntweinbrennereien, Gerbereien, Zuckersiederei, Leimsiederei, Ankerschmiede, Glockengießerei, Eisengießerei, Fabriken in Essig, Tabak, Farben, Spielkarten, Salmiak, Watte, Cichorie, Leinwand, Garn, Wolle etc. Freimaurerlogen: Große Provinzialloge von Mecklenburg Irene zu den drei Sternen; Tempel der Wahrheit; Prometheus. Vergnügungsort: Mönchweden, eine Stunde davon; 25,320 Ew. – R. (Roztoc) erhielt von dem Obotritenkönig Gottschalk Stadtrecht, wurde 1161 vom König Waldemar I. von Dänemark erobert u. zerstört u. um 1170 von Prebislaw wieder hergestellt. Herzog Borevin I. erneuerte 1218 dem meist deutsch bevölkerten R. die Stadtgerechtigkeit. 1237–1301 war sie der Sitz eigener Dynasten, kam dann unter dänische u. 1323 unter mecklenburgische Hoheit u. zwar 1695 an die Linie Schwerin. Mitglied der Hansa bis zu deren Auflösung 1630, erwarb R. viel Wohlstand u. Vorrechte u. war oft mit ihren Landesherren in Fehde, bis 1788 ein Vergleich diese Streitigkeiten beendigte. 1419 wurde die Universität gestiftet. 1437 entstand Streit zwischen Rath u. Bürgern, der alte Rath entwich u. die Stadt wurde excommunicirt. 1712 wurde R. von den Schweden erobert, 1715 von den Dänen u. 1716 bei den Streitigkeiten zwischen dem Herzog u. den Ständen von den Russen besetzt, aber 1719 durch eine kaiserliche Commission in ihre alten Rechte eingesetzt. Im Mai 1848 u. im April 1849 wurde R. von den Dänen in Blockadezustand erklärt. Vgl. Eschenbachs Annalen der Akademie zu R., Rost. 1790–96, 6 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 383.
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