Theer

[463] Theer, aus Holz, Steinkohlen, Braunkohlen, bituminösen Schiefern u. Torf durch trockene Destillation erhaltene Flüssigkeiten, meist von dunkeler Farbe u. intensivem Geruch. A) Holztheer, wird als Nebenproduct bei der Bereitung der Holzkohlen gewonnen, so bes. in Schweden u.a. holzreichen Gegenden; zuerst destillirt eine milchige Flüssigkeit (Theergalle) über, welche sich in eine saure Flüssigkeit u. eine darauf schwimmende weiße Masse, weißer T., trennt, welcher vorzugsweise aus Terpentin besteht; wird die Hitze gesteigert, so fließt ein bräunlichgelber T. (gelber T.) u. zuletzt schwarzer T. ab; dieser letztere ist ein Gemisch sehr vieler, zum Theil noch wenig od. gar nicht bekannter Substanzen; Reichenbach fand im Holztheer neben einer Reihe von flüchtigen Kohlenwasserstoffen Kreosot, Essigsäure, Holzgeist, Kapnomor, Picamor, Pittakalk, Cedriret etc. Destillirt man den weißen T. mit Wasser, so erhält man das Kienöl u. im Rückstand das weiße Pech; der schwarze T. liefert dabei Pechöl (Theeröl) u. im Rückstand schwarzes Pech (Schiffspech). Man benutzt den Holztheer in der Medicin gegen hartnäckige Hautausschläge; mit Wasser geschüttelt giebt er das Aqua picis; er dient ferner als Wagenschmiere u. als Schmiere zu Wasser- u.a. Maschinenrädern, zum Schutz gegen Feuchtigkeit, bes. für Pfähle, welche in die Erde geschlagen werden, für Hanf- u. Drahtseile beim Bergbau, bes. aber zum Bestreichen der Schiffe u. des Tauwerkes derselben. Ru ßland u. Schweden liefern viel T., ebenso wird in Thüringen, auf dem Schwarzwalde, in Brandenburg u. in der Lausitz T. gewonnen. B) Steinkohlentheer erhält man bei der Destillation von Steinkohlen zum Zweck der Leuchtgasfabrikation, er ist schwarz, von durchdringendem Geruch, besteht im Wesentlichen aus Brandharz, Theeröl (s.d.), außerdem enthält er Naphtalin, Benzin, Eupion, Karbolsäure, Paraffin, Rosolsäure, Brunolsäure, Kyanol, Leukol u. Pyrrhol. Durch Destillation mit Wasser gewinnt man aus ihm die in neuerer Zeit für die Beleuchtung so wichtigen Theeröle u. Paraffin (s.d.). Zu gleichem Zweck wird der T. von Braunkohlen, Brandschiefern u. Torf verarbeitet; er dient ferner zum Anstrich für Holz, Mauerwerk u. Eisen, zum Schutz gegen die Feuchtigkeit, zum Überdecken von Wunden an Bäumen. zur Dachbedeckung; endlich liefert er das Product[463] zu den Anilinfarben (s.u. Phenylamin), welche daher Theerfarben genannt werden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 463-464.
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