Analȳsis

[450] Analȳsis, 1) (Chem.), die Zerlegung zusammengesetzter Körper in ihre Bestandtheile auf chemischem Wege. Sie ist erst seit etwa 25 Jahren in feste Regeln u. zu einem hohen Grad von Sicherheit u. Vollkommenheit gebracht worden, erfordert gründliche, theoretische u. praktische Kenntnisse, technische Gewandheit, Sorgfalt, Genauigkeit u. Geduld. Die A. zerfällt in die qualitative A., welche sich blos mit Auffindung der Bestandtheile eines Körpers beschäftigt ohne auf das Gewichtsverhältniß derselben Rücksicht zu nehmen; u. in die quantitative A., welche, nachdem jene vorausgegangen ist, das Gewichtsverhältniß der aufgefundenen Stoffe, theils durch unmittelbare Wägung, theils durch stöchiometrische (vgl. Stöchiometrie) Berechnungen nachweist. Man unterscheidet ferner eine anorganische A., die sich mit der Untersuchung anorganischer Körper beschäftigt. Bei dieser ist zunächst die physische Beschaffenheit des zu untersuchenden Körpers zu berücksichtigen; derselbe ist sowohl in verschlossenem Raume als auch offen zu erhitzen, zu bemerken, ob er sich ganz od. zum Theil verflüchtigt, die flüchtigen Theile sowohl als die feuerbeständigen zu untersuchen; ferner ist der durch Pülvern vorbereitete Stoff durch Auflösungsmittel, Säuren, Alkalien etc. (so weit dies möglich) in flüssigen Zustand zu versetzen u. durch Reagentien zu prüfen. Die Mineralwasser sind theils unmittelbar durch Reagentien zu prüfen, theils zu verdampfen, wobei die sich verflüchtigenden Theile genau berücksichtigt werden, u. der bleibende Rückstand zu untersuchen. Organische A., deren Gegenstand organische Körper sind u. welche zu dem mächtigen Fortschreiten der organischen Chemie das Meiste beigetragen haben, erstrecken sich auf die Bestimmung des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs u. Sauerstoffs. Bei denselben werden die zu untersuchenden Körper durch vorsichtiges Erhitzen in verschlossenen Apparaten über concentrirter Schwefelsäure aller Feuchtigkeit auf das Sorgfältigste beraubt, dann mit Kupferoxyd, od. wenn sie Chlor enthalten, mit chromsaurem Blei, in verschlossener Röhre (Verbrennungsrohr) bis zum Glühen erhitzt u. verbrannt. Durch den Sauerstoff des Kupferoxydes verwandelt sich der Kohlenstoff in Kohlensäure, der Wasserstoff in Wasser, welche zuerst durch einen genau gewogenen Apparat, welcher mit Stückchen von geschmolzenem Chlorcalcium gefüllt ist, wodurch das Wasser absorbirt wird, u. durch den sogenannten Liebig'schen Kugelapparat mit Kalilauge gefüllt, gehen; letzterer nimmt die Kohlensäure auf. Aus der Gewichtszunahme des Apparats erfährt man die Menge des durch die Verbrennung gebildeten Wassers, aus welcher man die Quantität des Kohlenstoffs u. Wasserstoffs der organischen Substanz berechnet. Der Stickstoff wird entweder als solcher, od. als Ammoniak bestimmt u. der Sauerstoff durch Differenz gefunden. 2) (Phys.), Thermometrische A. ist ein von Gay-Lussac vorgeschlagenes Verfahren, um durch die Erniedrigung der Temperatur des Wassers, in welcher eine trockne, feingepülverte Mischung von Chlorkalium u. Chlornatrium aufgelöst werden, den relativen Gewichtsantheil jedes der beiden Salze, ohne weitere A., zu bestimmen; bes. bei der Fabrikation des Salpeters u. des Alauns anwendbar. W. Black in England hat versucht diese Methode umgekehrt auf Alkoholmischungen anzuwenden, u. aus der Temperaturerhöhung, bei Mischung einer gegebenen Weingeistsorte mit Wasser, auf den wirklichen Alkoholgehalt zu schließen, doch scheint dieses Verfahren noch weniger als das vorige praktische Anwendbarkeit zu haben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 450.
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