Santerre

[879] Santerre (spr. Sangtähr), 1) Jean Baptiste, geb. 1651 in Magny bei Pontoise, Historienmaler; malte Adam u. Eva ohne Nabel, weil sie nicht geboren seien; st. als Professor der Akademie 1717 in Paris. 2) Antoine Josephe, geb. 1752 in Paris, ein reicher Bierbrauer in der Vorstadt St. Antoine. Er stand 1789 auf Seiten der orleanistischen Partei, wurde bei Errichtung der Nationalgarde Chef eines Bataillons der Vorstadt St. Antoine u. betheiligte sich beim Sturme auf die Bastille u. bei den Vorgängen auf dem Marsfelde. 1792 gewann er noch größern Einfluß u. war einer der Hauptanführer des Pöbels am 20. Juni (s. Frankreich, Gesch. VII. D), spielte auch bei Erstürmung der Tuilerien (10. Aug.) eine Hauptrolle, wurde nach Mandats Ermordung Generalcommandant der Nationalgarde u. führte als solcher Ludwig XVI. in den Tempelthurm. Am 31. Aug. wurde er als zu rücksichtsvoll aus Paris entfernt u. nach Versailles gesandt, woher er erst den 4. Sept. nach Paris zurückkehrte; er erschien am 18. Sept. vor den Schranken der Gesetzgebenden Versammlung, um den Befehl zur Ausrottung der sterbenden Aristokratie zu empfangen. Kurz darauf wurde er Divisionsgeneral u. begleitete den 11. Dec. Ludwig XVI. vor den Convent u. am 21. Jan. 1793 zur Hinrichtung. Er wurde darauf mit 20,000 M. gegen die Vendée gesandt, aber wegen seiner Ungeschicklichkeit stets unglücklich, bes. am 18. Sept. bei Coron, endlich zurückgerufen u. bei der Hinrichtung des Herzogs von Orleans, als zu dessen Partei gehörig, verhaftet. Den 27. Juli 1794 freigelassen, suchte er seitdem vergebens wieder Einfluß zu gewinnen. Man sah ihn am 4. Sept. 1797, als der Gesetzgebende Körper dem Directorium unterlag, am Luxemburg u. zählte ihn 1799 unter den Mitgliedern des Jakobinerclubs der Reitbahn. Seitdem blieb er unbedeutend u. st. 6. Febr. 1809.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 879.
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