Verzeihung

[535] Verzeihung (lat. Condonatio), die Aufgebung des Unwillens gegen Jemand wegen einer von demselben zu Schulden gebrachten, dem Verzeihenden unangenehmen Handlung. Sie ist eine Privathandlung u. hat in der Regel auf Untersuchung u. Bestrafung der Verbrechen u. Vergehen, wegen deren von dem Verletzten dem Verbrecher verziehen wird, keinen Einfluß. Nur bei solchen Vergehen ist es der Fall, deren Erörterung blos auf Verlangen des Verletzten geschehen kann, z.B. Injurien, Ehebruch etc. Daher hebt bei Injurien die V. das Klagrecht ganz auf u. beim Ehebruch verliert durch dieselbe der beleidigte Gatte das Recht auf Ehescheidung zu klagen. Die V. ist theils eine ausdrückliche, welche mit klaren Worten ausgesprochen ist, theils eine stillschweigende, welche aus schlüssigen Handlungen folgt, z.B. unter Eheleuten aus dem Beischlafe, nachdem der beleidigte Ehegatte den Ehebruch des Andern erfahren hatte. Wenn ein Vater einem Kinde solche Handlungen, um derenwillen ihm das Recht der Enterbung gegen das Kind zustand, verziehen hat, so kann die Enterbung nicht mehr geschehen; das Kind muß aber,[535] wenn sie doch geschieht u. dieses klagt, die V. beweisen. Wenn der Lehenherr einen vom Vasallen begangenen Lehensfehler verzeiht (Condonation), so fällt die Strafe der Felonie weg.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 535-536.
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