Wildfangsrecht

[212] Wildfangsrecht, Recht des herkommenden Mannes, Jus wilfangiatus, Jus kolbekerili), das zuerst dem Pfalzgrafen am Rhein, dann allen Provinziallandgrafen, namentlich dem Pfalzgrafen in Baiern, zustehende Recht Wildfänge (Kolbekerle, von dem Tragen der Kolben od. Keulen genannt), d.h. alle unehelichen Kinder, welche in den Gegenden geboren wurden, wo das W. galt, dann alle in jenen Gegenden sich freiwillig niederlassenden u. ein Jahr lang dort verweilenden, keinen nachfolgenden Herren habenden, d.h. von einem vorigen Leibherrn nicht reclamirten Personen, endlich auch die Hagestolzen, rücksichtlich ihres in freien Erbgütern bestehenden Nachlasses, für Leibeigene zu erklären u. als solche zu behandeln, Der Büttel (Centgrafenknecht) verfügte sich zu einem solchen u. nahm ihn mittelst einer bestimmten Formel für den Pfalzgrafen in Anspruch; der Angesprochene aber mußte sofort eine Abgabe dafür, Fahegeld (s. Fanggeld) entrichten, die Dienstpflicht ablegen, Frohn- u. Kriegsdienste leisten, auch Steuern bezahlen. Der Landesherr bevormundete u. beerbte ihn; doch konnte er sich von allem diesen loskaufen. Mit dem Erlöschen der übrigen Pfalzgrafen blieb dieses Recht blos für den Kurfürsten von der Pfalz, welchem es vom Kaiser Maximilian I. 1518 u. dessen Nachfolgern bestätigt wurde, obgleich Kurbaiern später auch darauf Anspruch machte u. es auch in den Speyerschen, Wormsschen Territorien u. denen der Wild. u. Rheingrafen, so wie der unmittelbaren Reichsritter ausübte. Die hierdurch seit 1653 entstandenen Differenzen wurden schiedsrichterlich von den Königen von Frankreich u. Schweden durch das Laudum Heilbronnense am 7. Febr. 1667 entschieden, welches das W. regelte u. seitdem die Norm in diesen Angelegenheiten ausmachte. Auch in den Niederlanden u. Frankreich kam dies Recht vor. In seiner eigentlichen Gestalt ist es längst untergegangen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 212.
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