Wilzen

[242] Wilzen (Weleten, Loyzer, Lutitzen), slawischer Stamm, wohnte westlich von den Wenden u. war im zweiten Jahrh., die Sueven vertreibend, eingewandert: sie bestanden aus vier Gauen: Tolenzer (Tholenzer, Dolenzer), an der Tollense; Rederer (Ratarer, Retarer, Redarier), um Rethra (bei Neu-Brandenburg), welche wegen des bei ihnen befindlichen Haupttempels über die anderen W. herrschten; über der Peene die Circipaner u. Kyziner (Kissiner, Chyzaner). Südlicher kommen die Haveller od. Stodoraner (Havelländer), an der unteren Havel, in der Uckermark Uckern (Ukrauer, Ukerer) als Wilzenstämme vor, ja selbst die Lausitzer od. Lutitzen bei Potsdam u. andere wendische Stämme, z.B. die Riezaner, nördlich von den Uckern, die Bresaner od. Brisaner, neben den Havellern, die Sprewaner an der Spree, die Moralianer in der Altmark, die Ranen auf Rügen etc., werden im weitesten Sinne zu ihnen gerechnet. Die W. lebten in fortwährenden Streitigkeiten mit den Sachsen, welche seit Zerstörung des Thüringerreichs 530 ihre Nachbarn waren, u. mit den Obotriten, deren Land sie durch häufige Streifereien heimsuchten, bis Karl der Große, Bundesgenosse der Obotriten, sie 769 mit Krieg überzog, besiegte u. sich von ihnen huldigen ließ. Doch schlossen die W. 810 ein Bündniß mit dem Dänenkönig Gottfried gegen Karl, aber sie wurden nach Gottfrieds Besiegung von den Franken 812 wieder zum Gehorsam gebracht. Auch der deutsche König Heinrich I. kriegte gegen sie, weil sie, immer abtrünnig u. im Bunde mit anderen Slawen, die deutschen Grenzen verwüsteten u. die Sachsen 880 bei Ebsdorf unweit Bütteburg geschlagen hatten; 919 u. später 927 besiegt, versprachen sie Tribut zu zahlen, aber sie verweigerten denselben bald u. beunruhigten die Altmark, bis sie wieder überwunden wurden u. sich taufen zu lassen versprachen (925–928). Aber dessen ungeachtet fielen sie immer wieder von dem deutschen Könige ab. Im 11. Jahrh. kam es zum Kampf zwischen den Circipanern u. Kyzinern einer- u. den Tolenzern u. Rederern andererseits, u. da die Rederer einigemale geschlagen worden waren, so riefen sie die Dänen u. Sachsen zu Hülfe u. nöthigten ihre Gegner zum Frieden. Endlich wurden sie von Heinrich dem Löwen zugleich mit den Obotriten gänzlich besiegt u. nahmen nun das Christenthum an. Um 1047 vereinte der Obotritenfürst Gottschalk auch die W. zum großen Wendischen Reich, in welchem sie von nun an verschwinden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 242.
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