Bataillen

[126] Bataillen. (Mahlerey)

So nennen die Liebhaber der Mahlereyen die Gemählde, auf welchen Schlachten, Scharmützel und andre Gefechte vorgestellt werden. So wie die poetische Beschreibungen der Schlachten und Gefechte dem epischen Gedicht ein großes Leben geben, so sind sie auch ein guter Gegenstand der Mahlerey. Der Mensch liebet so wol das, was ihn erschüttert und seine Einbildungskraft gespannt hält, als die Art des außerordentlichen, das bey Schlachten gewöhnlich ist. Da sie Handlungen empfindender Wesen sind, so können sie auch als moralische Gegenstände angesehen werden. Der Mahler, dem es an hinlänglichem Genie nicht fehlt, kann dabey mehr thun, als blos die Phantasie erschüttern. Er kann mehrerley Paßionen und Charaktere schildern. Aber es wird ihm schweer, in Schlachten die ganze Handlung auf ein so bestimmtes Ziel hin zu führen, wie es in der Historie geschieht. Die vollkommene Einheit scheinet diesen Gemählden zu fehlen. Man siehet Bestrebungen und Gegenbestrebungen, die auf etwas äußerliches abzielen, das dem Zuschauer nicht recht bekannt ist. Daher haben diese Stüke sehr selten das einnehmende eines guten historischen Gemähldes, dessen Handlung genau bestimmt ist.

Doch kann es auch besondre Fälle geben, wo eine Bataille in diesem Stük der Historie gleich kömmt. Von dieser Art wäre die Vorstellung eines Gefechts um einen todten Körper, da die eine Parthey den Leichnam ihres Heerführers vor dem Feind beschützen wollte. Ueberhaupt wird ein recht großes Genie auch in solchen Sachen allemal ein Leben und eine Moral in das Gemählde bringen, davon in den Stüken der gemeinen Mahler keine Spur anzutreffen ist.

Diese Art erfodert ein großes Feuer. Denn die Lebhaftigkeit und Heftigkeit der Handlungen und Stellungen sind dabey das vornehmste. Sehr merkwürdige oder sehr rührende Situationen wird nur ein Mahler von großem Genie darin anbringen können. Der Bataillenmahler muß eine feurige und kühne Zeichnung, und ein Colorit von derselben Beschaffenheit haben. Ueber das besondre, was der Bataillenmahler zu bemerken hat, giebt Leonh. da Vinci, einen sehr lehrreichen Unterricht, den kein Mahler ohne Nutzen lesen wird.1

Von der Meulen, Curtois, sonst Burguignon genennt, Perocel und Martin werden unter den Franzosen für die besten gehalten. In Deutschland hat Rugendas sich in dieser Art hervor gethan. In dem größten Stil sind die Bataillen des Alexanders von Le Brün gemahlt, welche jederman durch die berühmten Kupferstiche des Audran bekannt sind; wiewol die Originale anfangen selten zu werden. [126] Der Holländer, Schronebek, hat sie auch gestochen, aber sehr verdorben.

1S. Traitté de la peinture par Leonhard de Vinci. Chap. LXVII.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 126-127.
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