Zahnschnitt

[1280] Zahnschnitt. (Baukunst)

Sind kleine Zierrathen an dem Band, der sich in einigen Gebälken zwischen dem Fries und dem Kranz befindet. Man sehe die Abbildung davon in der ersten Figur des Artikels Kranz, wo die Zahnschnitte durch die Zahl 9 bezeichnet sind. Man macht sie insgemein so, daß die Höhe eines Zahnes seine Breite um 1/4 auch wol gar um 1/3 übertrift; die Zwischentiefen aber, oder der ausgeschnittene Raum zwischen zwey Zähnen, verhält sich zu der Breite des Zahnes, wie 2 zu 3.

Diese Zierrath hat freylich nicht viel auf sich; doch dienet sie die Mannigfaltigkeit und das Ansehen des Reichthums zu vermehren, und das glatte zu unterbrechen. Und da man es einmal gewohnt ist, sie an ganz zierlichen jonischen und corinthischen Säulenordnungen zu sehen, so würde man diese Gebälke ohne die Zahnschnitte zu leer finden. Ohne Zweifel hat irgend ein ehemaliger Gebrauch an dieser Stelle hervorstehender Latten, die Baumeister veranlasset, die Zahnschnitte als Zierrathen anzubringen. An den Giebelgesimsen stellen sie in der That die hervorstehenden Latten vor. Es ist aber eben deswegen dem guten Geschmak entgegen, daß man sie da senkrecht herunter stehen macht, da sie natürlicher Weise mit dem Giebelkranz selbst einen rechten Winkel machen sollten.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1280.
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