Kranz

[606] Kranz. (Baukunst)

Wird auch bisweilen das Hauptgesims genennt, weil er oft das oberste Gesims ist, womit das ganze Gebäude gekrönet wird. Der Kranz ist der oberste, am weitesten auslaufende Theil des Gebälkes, der die ganze Ordnung bedeket.1 Die Baumeister sind nicht einmal alle darüber einig, von welchem Theile des Gebälkes der Kranz angehe, indem einige kleine Glieder von einigen noch zum Fries gerechnet werden, die andre als Theile des Kranzes ansehen. Die beyden untersten Glieder in der hier stehenden Figur, die mit 10 und 11 bezeichnet sind, werden von einigen noch zum Fries, von andern aber schon zum Kranz gerechnet.

Die ganze Höhe des Kranzes muß zum wenigsten den dritten Theil der Höhe des Ganzen Gebälks betragen; man nihmt sie aber gemeiniglich noch etwas grösser an. Weder alle Theile des Kranzes, noch die Verhältnisse derselben sind so bestimmt, daß nicht jeder Baumeister darin etwas anders machte. Keiner hat die Kränze für die verschiedenen Ordnungen so genau bestimmt, und jedem seinen besondern Charakter so bezeichnet, als Goldman.

Nach diesem Baumeister gehören drey Theile wesentlich zum Kranz; der Wulst (in der Fig. mit 6 bezeichnet;)2 die Kranzleiste 5, die Rinnleiste 2, mit ihrem Ueberschlag 1. Die Kranzleiste muß nun nothwendig von der Rinnleiste durch kleinere Glieder 3, 4, abgesondert werden, und durch die Beschaffenheit dieser Glieder bezeichnet Goldman die Kränze der verschiedenen Ordnungen.

Kranz

In dieses Baumeisters tuscanischer Ordnung ist das nächste Glied unter der Rinnleiste 2, ein Band, und unter diesem kommt ein Riemlein, über der Kranzleiste. In der Dorischen sind diese Glieder ein Riemlein, mit einer Holleiste; in der Jonischen ein Riemlein, mit einer Kehlleiste, wie hier in der Figur 3. 4.; in der Römischen ein Wulst zwischen zwey Riemlein; und in der Corinthischen ein Riemlein, darunter eine Kehlleiste und unter dieser ein Stab.

In der hier stehenden Figur liegt die Kranzleiste 5 unmittelbar über dem Wulst 6: aber die meisten Baumeister setzen zwischen diese Glieder Dielen oder Sparrenköpfe, wie in folgender den corinthischen[606] Kranz der Branca vorstellenden Figur bey * * zu sehen ist.3

Kranz

Unter dem Wulst werden entweder nur ein paar kleine Glieder 7 u. 8.4 oder auch Zahnschnitte 9, angebracht. Der Kranz an Gebäuden, wo keine Säulen oder Pfeiler stehen, wird noch etwas einfacher gemacht, und die Baumeister binden sich dabey nicht so genau an ihre Regeln und Verhältnisse der Säulenordnungen. Der Kranz bekommt sein Hauptansehen von einer beträchtlichen Auslaufung.

1S. Gebälk 1. Th. S. 426. wo das, was zwischen den Linien c f und b g liegt, zum Kranz gehöret.
2Dieses Glied findet man fast bey allen Kränzen. In dem Gebälk das über den drey schönen corinthischen antiken Säulen liegt, welche in Rom im Campo Vaccino stehen, nihmt eine Kehlleiste die Stelle des Wulstes ein.
3Es ist im Artikel Dielenkopf ein kleiner Fehler vorgegangen; weil dort auf die Figur des Art. Gebälk ist verwiesen worden, anstatt das diese Figur hätte sollen angeführt werden.
4in der ersten Fig.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 606-607.
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606 | 607
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