Fries

[405] Fries. (Baukunst)

Ist der mittlere Theil eines Gebälkes, zwischen dem Unterbalken und dem Kranz1. Er stellt den Raum vor, den die Köpfe der zum obersten Boden auf den Unterbalken gelegten Balken, und die Oefnungen zwischen denselben einnehmen. Man nennt ihn im Deutschen auch den Borten, welches mit seinem griechischen Namen, ζωνη ein Gürtel, übereinkömmt. Seine Höhe ist in verschiedenen Ordnungen, und auch in derselben Ordnung in verschiedenen Gebäuden, bald etwas größer, bald etwas kleiner, ohne sich merklich von dem dritten Theil der Höhe des ganzen Gebälkes zu entfernen.

In ganz einfachen Gebäuden ist der Fries eine blos glatte Streiffe, über welche man zwey oder drey kleine Glieder setzt, die sich an das Rinn der Rinnleiste anschliessen; in zierlichen Gebäuden aber wird der Fries auf mancherley Art verzieret. Von seiner Verzierung in der dorischen Ordnung, ist in den Artikeln Dorisch und Dreyschlitz gesprochen worden. In den andern Ordnungen wird der Fries mit allerhand Schnitzwerk ausgeziert; mit Fruchtschnüren, mit Thieren und Thiergefechten, (daher vermuthlich der Name Zophorus kömmt, womit Vitruvius den Fries benennt); mit menschlichen Figuren; mit Waffen oder Geräthschaften, mit blossen Aushöhlungen oder Rrinnen, dergleichen an Säulen angebracht werden. Es ist also kaum ein zur Säulenordnung gehöriger Theil, bey dessen Verzierung die Baumeister ihrer Einbildungskraft freyern Lauf lassen. Man kann bey Winkelmann2 sehen, wie mannigfaltig schon die Alten diesen Theil behandelt haben. Palladio macht ihn bauchig wie einen Pfühl. [405] Der Fries schikt sich auch sehr wol zu Aufschriften. So sind an der Rotonda in Rom, und an dem berlinischen Opernhaus, an dem Fries der Halle, die Aufschriften. Bisweilen werden auch ovalrunde Oefnungen, die man Ochsenaugen nennt, darin angebracht, um kleinen, über den Hauptzimmern liegenden Kammern, dadurch Licht zu geben. Sie könnten auch vierekigt, wie die Metopen am dorischen Fries, gemacht werden, und sind um so viel schiklicher, da sie den offenen Raum zwischen zwey Balken vorstellen. Dergleichen kleine Fenster in dem Fries geben die natürlichste Gelegenheit, kleine Zwischenkammern, oder so genannte Entresols, über großen Zimmern anzubringen. Denn diese Fenster in den Unterbalken zu bringen, wie in dem Königl. Schloß in Berlin geschehen, ist ein höchst beleidigender Fehler, weil der Unterbalken, seiner Natur nach, schlechterdings gerad und ganz seyn muß3.

1S. Gebälke.
2Ueber die Baukunst der Alten S. 59 u. s. f.
3S. Unterbalken.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 405-406.
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