Fries [3]

[147] Fries, 1) Jakob Friedrich, Philosoph, geb. 23. Aug. 1773 in Barby, gest. 10. Aug. 1843, Mitglied und Zögling der dortigen Brüdergemeinde, habilitierte sich 1801 als Privatdozent der Philosophie zu Jena, wurde 1804 Professor und verfaßte daselbst die Schriften: »Reinhold, Fichte und Schelling« (Leipz. 1803; neue Aufl. u. d. T.: »Polemische Schriften«, Bd. 1, Halle 1824), »Philosophische Rechtslehre« (Jena 1803) und »System der Philosophie als evidente Wissenschaft« (Leipz. 1804); 1805 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor der Philosophie und Elementarmathematik nach Heidelberg, von wo er 1816 als Professor der theoretischen Philosophie nach Jena zurückkehrte. Die »Neue oder anthropologische Kritik der Vernunft« (Heidelb. 1807; 2. Aufl. 1828–31, 3 Bde.), sein Hauptwerk, in dem er Kants »Kritik der reinen Vernunft« zu verbessern gedachte, das »System der Logik« (das. 1811, 3. Aufl. 1837), die von den Jenenser Studenten und allen deutschen Patrioten mit Begeisterung aufgenommene Schrift »Vom Deutschen Bund und deutscher Staatsverfassung« (das. 1817, 2. Aufl. 1831) und andre Werke waren Früchte seines Heidelberger Aufenthalts. Wegen seiner Teilnahme an dem Wartburgfest, von ihm selbst der »ausgezeichnetste Augenblick« seines Lebens genannt, wurde er sm November 1819 vom philosophischen Lehramt suspendiert, 5 Jahre darauf (1824) aber zum Professor der Physik und Mathematik ernannt; seit 1825 durfte er auch wieder philosophische Vorlesungen halten Außer den genannten sind von seinen Werken noch hervorzuheben: »Über die Gefährdung des Wohlstandes und Charakters der Deutschen durch die Juden« (Heidelb. 1816); »Handbuch der praktischen Philosophie« (das. 1817–32, 2 Bde.); »Handbuch der psychischen Anthropologie« (Jena 1820–21; 2. Aufl., das. 1837–39, 2 Bde.); »Mathematische Naturphilosophie« (Heidelb. 1822); »Julius und Evagoras, oder die Schönheit der Seele«, philosophischer Roman (das. 1822, 2 Bde.); »Die Lehren der Liebe, des Glaubens und der Hoffnung oder Hauptsätze der Glaubens- und Tugendlehre« (das. 1823); »System der Metaphysik« (das. 1824) und »Geschichte der Philosophie« (das. 1837–40, 2 Bde.).

F. gehörte als Mensch, Lehrer und nationaler Politiker zu den edelsten und reinsten Charakteren. Als Philosoph war er von Kant ausgegangen, fühlte sich aber von Fichte ebensowenig wie von Schelling und Hegel befriedigt und bestrebte sich, die Kantsche Lehre durch den Realismus der Jacobischen Gefühlsphilosophie zu ergänzen. Kant hatte seiner Ansicht nach darin gefehlt, daß er die Frage, ob die Erkenntnis der apriorischen Elemente in uns a priori oder a posteriori sei, nicht aufgeworfen habe. Daß und wie wir Erkenntnisse besitzen, dessen könne man sich nur durch innere Erfahrung bewußt werden; Psychologie, und zwar auf innerer Erfahrung beruhende, müsse die Basis aller Philosophie bilden. Durch diese wird der Besitz eines dem menschlichen Geist innewohnenden a priori (räumliche und zeitliche Anschauungsform, Kategorien etc.) auf aposteriorischem Wege dargetan, das wir zu dem Gegebenen hinzutun, und dadurch [147] Metaphysik und Mathematik als apriorische Wissenschaften ermöglicht. Alles Wissen, äußere und innere Erfahrung jedoch erstrecken sich nur auf die Erscheinungen und gehen nicht über diese hinaus, nicht zu den Dingen an sich, deren Dasein man nicht einmal wissen kann. Die Wissenschaft steht dem Wesen der Dinge gegenüber im Unvollendbaren, ist »Stückwerk«; dieses selbst, das Vollendete, ist nicht dem Denken (Vorstellen, Erkennen), sondern nur dem Gefühl zugänglich, das, mit jenem verglichen, das höhere Erkenntnisprinzip, aber mit der Klarheit des Gedankens verglichen, allerdings dunkel ist. Die im Gefühl wurzelnde Überzeugung von der Existenz des Vollendeten als ewigen Wesens der Dinge ist Glaube, die allein völlig befriedigende Ergänzung des niemals wahre Befriedigung gewährenden Wissens. Allem Handeln der Vernunft liegt der Glaube an Wesen und Wert, zuhöchst an die gleiche persönliche Würde der Menschen zugrunde, aus diesem Prinzip fließen die sittlichen Gebote. Die Veredelung der Menschheit ist die höchste sittliche Aufgabe. Die Vermittelung zwischen Wissen und Glauben liegt in der Ahnung des Vollendeten im Unvollendbaren, der die ästhetisch-religiöse Betrachtung angehört. Im Gefühl des Schönen und Erhabenen wird das Endliche als Erscheinung des Ewigen angeschaut; in der religiösen Betrachtung wird die Welt nach Ideen gedeutet; die Vernunft ahnt in dem Weltlauf den Zweck, in dem Leben der schönen Naturgestalten die allwaltende Güte; sie ahnt, daß in der Idee Gottes die Ordnung der Welt ruht. Diese ästhetisch-religiöse Begeisterung hat dieser Philosophie (wie jener Jacobis) die gefühlvollen Gemüter, die »mathematisch-physikalische Richtung« ihr die Naturforscher gewonnen. Unter jenen ist De Wette, unter diesen sind Apelt, Schmidt, Schlömilch, Hallier und besonders Schleiden hervorzuheben. 1873 wurde F. zu Jena eine Büste errichtet. Vgl. Henke, I. F. F. aus seinem handschriftlichen Nachlaß dargestellt (Leipz. 1867, auch das Fragment einer Autobiographie enthaltend); Grapengießer, Kants Kritik der reinen Vernunft und deren Fortbildung durch F. (Jena 1882); Rausch, Religion und Ästhetik bei I. F. F. (Leipz. 1898); Grape, Die Prinzipien der Ethik bei F. und ihr Verhältnis zu den Kantischen (Dessau 1903).

2) Elias Magnus, Botaniker, geb. 15. Aug. 1794 im Sprengel Femsjö in Småland, gest. 8. Febr. 1878 in Upsala, studierte zu Lund, habilitierte sich daselbst 1814 als Dozent, ward 1824 Professor und 1828–34 Professor der praktischen Ökonomie in Upsala, 1851 auch der Botanik. In den Reichsversammlungen von 1844–45 und 1847–48 war er auch Deputierter für die Universität Upsala. 1851–59 war er Direktor des botanischen Gartens und des botanischen Museums. Sein »Systema mycologicum« (Greifsw. 1820–32, 3 Bde.), das im »Elenchus fungorum« (das. 1828, 2 Bde.) und in den »Novae symbolae mycologicae« (Upsala 1851) Ergänzungen erhielt, galt längere Zeit als Hauptwerk für die Systematik der Pilze. Eine kürzere Darstellung gab die »Summa vegetabilium Scandinaviae« (Stockh. 1846 bis 1849, 2 Bde.). Ferner schrieb er: »Monographia hymenomycetum Sueciae« (Upsala 1857–63, 2 Bde.), eine vollkommnere und umfassendere Darstellung seiner »Epicrisis systematis mycologici seu synopsis hymenomycetum« (das. 1836–38); »Sveriges ätliga och giftiga svampar, fungi esculenti et venenati Scandinaviae« (Stockh. 1862–69, mit 93 kolorierten Tafeln) und »Icones selectae hymenomycetum nondum delineatorum« (das. 1867–75, mit kolorierten Tafeln); »Observationes mycologicae« (Kopenh. 1815–18, 2 Bde.; neue Aufl. 1824); »Lichenographia europaea reformata« (Lund und Greifsw. 1831); »Enumeratio lichenum et byssaccorum Scandinaviae hucusque cognitorum« (Upsala 1843); »Schedulae criticae de lichenibus exsiccatis Scandinaviae« (Lund 1827–33, 14 Bde.); »Novitiae florae succicae« (das. 1814–23) und davon die »Editio altera auctior et in formam commentarium Wahlenbergii floram suecicam reducta« (das. 1828) sowie deren Fortsetzung (das. 1832–48). »Flora Hallandica« (das. 1817); »Flora scanica« (Upsala 1835); ferner: »Symbolae ad historiam Hieraciorum« (das. 1747–48); »Epicrisis generis Hieraciorum« (das. 1862); »Symbolae ad synonymiam Hieraciorum« (das. 1866); »Aro naturvetenskaperna något bildningsmedel?« (deutsch u. d. T. »Sind die Naturwissenschaften ein Bildungsmittel?«, Leipz. 1844). Eine Reihe kleinerer Arbeiten erschien gesammelt in der »Botaniska uflygter« (Upsala 1843–64, 3 Bde.).

3) Ernst, Maler, geb. 22. Juni 1801 in Heidelberg, gest. 11. Okt. 1833 in Karlsruhe, bildete sich unter der Leitung des ältern Rottmann und bei Karl Kuntz zum Landschaftsmaler, war sodann Zögling der Münchener Akademie, besuchte die Rheinlande und verweilte 1823–27 in Italien. Nach seiner Heimkehr lebte er in München und seit 1831 als Hofmaler in Karlsruhe. Seine meist italienischen Landschaften zeichnen sich durch eine sinnige und poetische Auffassung der Natur bei stilisierender Formenbehandlung aus. Hauptwerke von ihm sind: Wasserfall des Liris bei Isola di Sora (Neue Pinakothek in München), Landschaft aus dem Sabinergebirge (Museum in Leipzig), das Heidelberger Schloß (Nationalgalerie in Berlin), Landschaft im Charakter des Latinergebirges (Kunsthalle in Karlsruhe).

4) Bernhard, Maler, Bruder des vorigen, gev 16. Mai 1820 in Heidelberg, gest. 21. Mai 1879 in München, erhielt seinen ersten Unterricht bei dem Historienmaler Koopmann in Karlsruhe, besuchte 1835 bis 1837 die Münchener Akademie, wo er sich der Landschaft zuwandte, und ging im Frühjahr 1838 nach Italien, von wo er 1846 in die Heimat zurückkehrte. Unter seinen frühesten Landschaften sind hervorzuheben: eine Fernsicht auf den Montblanc, Blick auf den Comersee, die Felsschlucht bei Nemi, der Genfer See. Seine hervorragendste Schöpfung ist ein Zyklus von 40 italienischen Landschaften, die wegen ihrer großartigen Komposition dem berühmten Rottmannschen Zyklus, der auch sein hauptsächlichstes Vorbild war, an die Seite gestellt zu werden verdienen (zwei im Treppenhaus der Technischen Hochschule in München). Nach dessen Vollendung 1866 ließ er italienische Ansichten: Subiaco und die Mamellen (Galerie Schack in München), der Tiber in der Nähe von Rom (Neue Pinakothek, daselbst), am Monte Serone (kgl. Museum in Stuttgart), mit Ansichten von Heidelberg und Motiven aus dessen Umgebung wechseln.

5) Theodor von, bayr. General, geb. 1822, trat 1840 in das Heer, kam 1856 in das Kriegsministerium, 1864 in den Generalquartiermeisterstab, wurde 1866 Referent im Kriegsministerium, begleitete im Oktober 1870 den Kriegsminister v. Pranckh nach Versailles, um an den Verhandlungen über die Bündnisverträge teilzunehmen, war 1871–78 Mitglied des Bundesrats und bayrischer Militärbevollmächtigter in Berlin. Seit 1874 Generalmajor, 1878 Kommandeur der 1. Feldartilleriebrigade, 1880 Kommandeur[148] der Fußartilleriebrigade, 1882 Generalleutnant und Chef des Ingenieurkorps sowie Inspekteur der Festungen, 1888 General der Infanterie geworden, ward er 1893 zur Disposition gestellt. Seit 1879 ist er Mitglied des Reichsrats.

6) Wilhelm, Schulmann und Philolog, geb. 23. Okt. 1845 in Landeshut (Schlesien), studierte 1865–1869 in Breslau klassische Philologie und Geschichte, wurde 1871 Oberlehrer in Bielefeld, 1875 in Barmen, 1880 Gymnasialdirektor in Eutin und 1881 Rektor der Latina und Kondirektor der Franckeschen Stiftungen in Halle, deren Leitung er nach Fricks Tode (Januar 1892) übernahm. Seit 1897 außerdem ordentlicher Honorarprofessor der Pädagogik an der dortigen Universität, wurde er gleichzeitig zum Mitgliede der landeskirchlichen Generalsynode berufen und 1898 bei dem Jubiläum der Stiftungen honoris causa von der theologischen Fakultät in Halle zum Doktor kreiert. F. bearbeitet Ellendt-Seyfferts Lateinische Grammatik seit der 30., Seyfferts Elementargrammatik seit der 3. Auflage und gibt seit Fricks Tode die Zeitschrift »Lehrproben und Lehrgänge« heraus, in der wie auch in der Berliner »Zeitschrift für Gymnasialwesen« er zahlreiche Aufsätze veröffentlichte. Zu Lexis, »Reform des höhern Schulwesens in Preußen« (Münch. 1895) lieferte er die Arbeit: »Die Vorbildung der Lehrer für das höhere Lehramt«, desgleichen Beiträge zu Reins »Enzyklopädischem Handbuche der Pädagogik«. Besonders erschienen von ihm außer der Doktordissertation (»De anacoluthis Sophocleïs«, Bresl. 1875), einigen Programmaufsätzen und Schulschriften: eine Neuausgabe von »A. H. Franckes Großem Aufsatz« (Halle 1894) und die Säkularschrift »Die Franckeschen Stiftungen in ihrem zweiten Jahrhundert« (das. 1898).

7) Ellen, schwed. Geschichtschreiberin, geb. 23. Sept. 1855 auf Rödsle (Småland), gest. 31. März 1900 zu Stockholm, wurde 1883, als die erste schwedische Frau, in Upsala zum philosophischen Doktor promoviert und wirkte seit 1885 als Lehrerin, seit 1890 auch als »Studienrektor« an einem Stockholmer Mädchengymnasium. Ihre durch gründliches Archivstudium und schwungvolle Darstellung ausgezeichneten Hauptschriften sind: »Bidrag till kännedomen om Sveriges och Nederländernas diplomatiska förbindelser 1654–1660« (Upsala 1883); »Erik Oxenstierna« (Stockh. 1889); »Märkvardiga qvinnor« (das. 1890 bis 1891, 2 Bde.); »Teckningar ur Svenska adelns familjelif i gamla tider« (1895–1901, 2 Bde.); »Svenska odlingens stormän« (1896–99, 3 Bde.). Nach ihrem Tod erschien »Svenska kulturbilder ur 16- och 1700 -talens historia« (hrsg. von Lydia Wahlström, 1901). Innerhalb der schwedischen Frauenbewegung spielte sie eine mäßigende Rolle. Hierher gehören: »Den qvinliga elementarundervisningen i Frankrike« (1885); »Den svenska qvinnans sociala ställning« (1893).

8) Adrian de, niederländ. Bildhauer, s. Vries.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 147-149.
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