Unterricht

[939] Unterricht, im allgemeinen Sinne jede Tätigkeit, die auf Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten abzielt, daher auch Selbstunterrich (s. Autodidakt); gewöhnlich im engern Sinne planmäßige Tätigkeit des Lehrers zur Entwickelung der geistigen Anlagen oder Kräfte des Schülers. Der U. soll nach der neuern Pädagogik sein Ziel nicht in einseitiger Verstandesbildung[939] und Aneignung von Kenntnissen suchen, sondern einer allseitigen Bildung oder Erziehung des Schülers dienen und dazu mit der Zucht oder Erziehung im engern Sinne Hand in, Hand gehen. Dies ist besonders von Pestalozzi und Herbart betont und durch beide zu allgemeiner Anerkennung gebracht worden. Von Herbart stammt der Kanon: »Kein U. ohne Erziehung und keine Erziehung ohne U.«, sowie das Stichwort »erziehender U.«. Der Inbegriff der theoretischen Grundsätze für den U. ist die Unterrichtslehre oder Didaktik (s. d.). Das ganze öffentliche Unterrichtswesen, zu dem auch die staatliche Aussicht über den Privatunterricht gehört, bildet im modernen Staat ein besonderes Departement der Verwaltung mit einem Ministerium des öffentlichen Unterrichts an der Spitze und mit Provinzialschulkollegien, Schulinspektionen etc. als Mittelbehörden. Vielfach ist jedoch, namentlich in Deutschland, der geschichtlichen Entwickelung gemäß das Schulwesen mit dem Kirchenwesen, soweit dieses der Staatshoheit unterliegt, unter einem Ministerium (Kultusministerium) zusammengefaßt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 939-940.
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