Wechselseitiger Unterricht

[453] Wechselseitiger Unterricht (gegenseitiger Unterricht), Einrichtung der Volksschulen, bei der bereits geförderte Schüler unter Oberaufsicht des Lehrers die schwächern Mitschüler unterrichten, wodurch es möglich wird, mit geringen Kosten stark besuchte Schulklassen (notdürftig!) zu beschulen. Der wechselseitige Unterricht wurde durch den Schotten Andrew Bell (s. d. 1) und den Engländer Joseph Lancaster (s. d. 2) gegen Ende des 18. Jahrh. fast gleichzeitig und übereinstimmend planmäßig ausgebildet. Der Lehrer unterrichtete in ihren Schulen nur die Gehilfen (monitors), wachte über den planmäßigen Gang des Ganzen und handhabte in Gemeinschaft mit einzelnen Obergehilfen die Zucht. Die Bell-Lancastersche Methode wurde im Anfang vielfach überschätzt; namentlich glaubte man in Portugal, Spanien, Griechenland mit ihrer Hilfe der Volksbildung aufhelfen zu können. Bevorzugte Pflege fand der wechselseitige Unterricht auch in Dänemark unter Friedrich VI. durch den Obersten Abrahamson und, mit wesentlicher Anbequemung an Pestalozzis Grundsätze, in Schleswig-Holstein (Normalschule in Eckernförde). In den übrigen deutschen Staaten sind durch Harnisch, Zerrenner, Stern u. a. Versuche mit ihm angestellt worden. Nachdrücklich und wirksam bekämpfte ihn Diesterweg. Über Spuren ähnlicher Einrichtungen im Altertum vgl. Grasberger, Unterrichts- und Erziehungswesen der Griechen und Römer, Bd. 2, S. 147 ff. (Würzb. 1875).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 453.
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