Schulfuchs

*1. Aus einem Schulfuchs gleich einen geheimen Rath machen wollen.

Frz.: Faire d'une Buse un épervier. (Kritzinger, 98b.)


*2. Den Schulfuchs spielen.

»Der Schulfuchs hofft mit dürren Gründen den Beifall alter Welt zu finden, allein er wird geprellt.« (Hagedorn.)

Frz.: Faire le pédant. (Kritzinger, 521a.)


*3. Er ist ein Schulfuchs.

Mit dem Ausdruck Fuchs, Schulfuchs ist die deutsche Sprache, namentlich die Studentensprache, durch die Berufung des gelehrten Schulrectors zu Naumburg, Justus Ludwig Brissmann, zum Professor der griechischen Sprache an der Universität zu Jena (1574 oder 1582) beschenkt worden. Der neue Professor war ein etwas steifer und pedantischer Mann, der selbst im Sommer einen mit Fuchspelz verbrämten Mantel trug; und da er früher zu Hof, Naumburg und Zwickau als Schullehrer gewirkt hatte, so gaben ihm die losen Vögel unter den Studenten den Spottnamen Schulfuchs, der nachher auf jeden von der Schule kommenden neuen [381] Studenten überging, bis später der studentische Sprachgebrauch mit dem Schulfuchs den Schüler mit dem blossen Fuchs den angehenden Studenten, mit dem Brandfuchs (Brander) aber den Studenten bezeichnete, der bereits ein Semester den Cursus »durchschmaruzt« hat. Auf den niedersächsischen Universitäten wurden die Füchse ehemals auch Halbpfaffen genannt, wie die Studenten hier im allgemeinen Pfaffen hiessen. – Pistorius im Vorwort zum Teutsch-juristischen Sprichwörterschatz verweist, diesen Ausdruck betreffend, auf M. Haass in seinen geistlichen Reden, Kap. 9, S. 570. An der Bezeichnung Schulfuchs klebt das Pedantische. (Wurzbach, II, 319a.) Sicher ist dies aber nur eine passende Anwendung des vorhandenen Spitznamen. Richey (244) leitet denselben, und wol nicht ohne guten Grund, von dem dialektischen » Schulen« (s.d.) von der Redensart: He schulet als ên Voss, ab, womit auch Schütze (VI, 79) übereinstimmt. Nach seiner Ansicht gab diese Redensart dem Pedanten, der argwöhnisch auf alle lauert, die seinen eingebildeten Vorzügen zu nahe kommen könnten, den Namen, und nicht die Schule, da ja auch alle übrigen Berufs- und Lebensarten ihre Pedanten haben, die in der Jugend nicht aus dem Loche gekommen sind, darum voll Eigenliebe und Hochmuth stecken, sodass sie alles, was nicht dem beschränkten Kreis ihrer Anschauungen entspricht, anfechten oder verachten. – Professor Heider leitet den Ausdruck in folgender Weise ab: »Es sei, sagt er, in Jena ein Professor Kaspar Arnurus, d.i. Lämmerschwanz oder Lämmerzagel, Lämmerzahl, von Ilmenau gewesen, ein guter und gelehrter Mann, der nicht so dumm war, als er aussah, aber sehr furchtsam, nach anderer Beschreibung ein frommer und gelehrter Mann, dabei aber ein blödes Thier, so immer sorgte, der Himmel möchte bersten und ihm auf die Platte fallen. Dieser hatte früher eine Reihe von Jahren in einer schola trivialis den Schulstaub geschwitzt (er war Rector und Conrector in Halle und Jena gewesen) und kam von ihr auf das Katheder zu Jena als Professor ethicae et logicae, trug einen Mantel mit Fuchspelz gefüttert, woher ihn die Studenten Schulfuchs (vulpecula scholastica) nannten. (Vgl. Bilder aus dem deutschen Studentenleben in Westermann's Monatsschrift, Nr. 100, S. 364.) Noch eine andere Erklärung ist die, welche Frisch (Deutsch-lateinisches Wörterbuch, 1741) gibt: Schulfuchs ist ein Spottwort, das die hoffärtigen Studenten von denen gebrauchen, die noch auf Schulen sind, oder erst davon herkommen, welche keine studentische Freiheit haben, sondern in ihr Schulloch als Füchse kriegen und im Verborgenen stecken. Die mussten den Studenten, wenn sie ankommen, zu saufen geben, davon der Fuchsthurm in Jena noch eine Spur ist.« – »Alle diese Etymologien«, sagt der Verfasser der oben erwähnten Bilder aus dem deutschen Studentenleben a.a.O., »sind unzureichend, es wird am sichersten sein, anzunehmen, dass ›Fuchs‹ die Corruption eines alten romanischen Wortes ›Frux‹ ist, dessen Sinn uns verloren ging.«

Frz.: C'est un homme du païs latin. – Être couvert de la poussiere de l'école. (Kritzinger, 378b u. 557b.) – Il sent le pédant de deux lieuës à la rente. (Kritzinger, 520b.)


*4. Wie ein Schulfuchs aussehen.

Frz.: Avoir l'air du pedant. (Kritzinger, 17a.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 381-382.
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