Ansehen, das

[367] Das Ansehen, des -s, plur. car. der Infinitiv des vorigen Verbi, als ein Substantiv gebraucht.

1. Die Handlung des Ansehens. 1) In der eigentlichen Bedeutung. Diese Sache ist nicht des Ansehens werth. Du wirst mir doch das Ansehen nicht verbiethen wollen? Es kommt auf das Ansehen an. Das Ansehen hat man umsonst. Nach dem bloßen Ansehen urtheilen. 2) Das Ansehen mit Überlegung, Betrachtung. In Ansehen seines Fleißes; wofür man doch lieber in Ansehung saget. 3) Das Ansehen mit Beurtheilung. Allem menschlichen Ansehen nach, so viel ein Mensch urtheilen kann. 4) Das Ansehen mit Achtung und Einfluß auf[367] seine Entschließung, besonders in Handhabung des Rechtes. Das Ansehen der Person, doch nur in der biblischen Schreibart.

2. Dasjenige, was durch das Auge erkannt wird, die Gestalt. 1) In eigentlicher Bedeutung, die äußere Gestalt. Das äußere Ansehen macht keinen Gelehrten aus. Jetzt hat das Haus ein besseres Ansehen bekommen. Ich kenne ihn von Ansehen, oder dem Ansehen nach. Er hat ein gutes Ansehen, eine gute Leibesgestalt. 2) Figürlich, Schein, Anschein. Es hat das Ansehen, als wenn nichts aus der Sache werden wollte. Dem Ansehen nach. Allem Ansehen nach. Dennoch will er das Ansehen haben, daß er es recht gut mit mir meine. Er gibt allen seinen Handlungen das Ansehen der einfältigsten Unschuld. Die Sache hat nun ein ganz anderes Ansehen bekommen. Es hat kein Ansehen dazu. Es hat noch ein schlechtes Ansehen dazu. Es will das Ansehen gewinnen, als wenn u.s.f.

3. Die Wirkung entweder unserer Gewalt, oder auch unserer Vorzüge auf andere. In großem, schlechtem, geringem Ansehen stehen. In Ansehen bey einem stehen. Er ist ein Mann von Ansehen, von großem Ansehen. Sich in Ansehen setzen. Er weiß sich ein rechtes ansehen zu geben. Sein Ansehen ist gar sehr gefallen. Einen in Ansehen bringen. Hierher gehöret auch, das Vorurtheil des Ansehens, Praejudicium autoritatis, wenn man einem andern, den man für weise hält, ohne Prüfung glaubt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 367-368.
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