Feuer, das

[127] Das Feuer, des -s, plur. ut nom. sing. Dimin. das Feuerchen, Oberd. Feuerlein. 1. Eigentlich. 1) Ein äußerst feiner durch die ganze Natur vertheilter flüssiger Körper, dessen Wesen noch sehr unbekannt ist, der sich aber uns unter gewissen Umständen durch Licht und Wärme zu erkennen gibt. Dieses nur den Naturlehrern bekannte Feuer, wird zum Unterschiede des folgenden auch das elementarische, das ursprüngliche Feuer, genannt. 2) Im gemeinen Leben kennet man dieses Feuer nur in brennenden Körpern, d.i. in so fern sich dasselbe in und um gewisse dazu geschickte Körper sammelt, in und um dieselben in eine gewisse noch unbekannte Bewegung versetzt wird, und sich alsdann so wohl durch Licht und Wärme, als auch durch seine verzehrende Kraft kenntlich macht. Das Feuer brennt. Es brennt wie Feuer. Feuer schlagen, anschlagen, durch den Schlag des Stahles an den Feuerstein die in dem letztern befindlichen Feuertheilchen heraus locken und in Bewegung versetzen. Feuer geben, bey Schießgewehren, das Pulver anzünden, welches ehedem durch Lunten geschahe, welche gleichfalls Feuer genannt wurden. Eine Bombe mit Einem Feuer, mit zwey Feuern werfen, S. Dunst. Feuer machen, anmachen, durch Reichung der nöthigen Nahrungsmittel die Feuertheilchen in eine heftige Bewegung versetzen. Feuer anlegen, brennbare und angezündete Materien an ein Gebäude legen, dasselbe in Brand zu setzen. Das Feuer gehet aus, wenn demselben die Nahrungsmittel oder auch die Luft fehlet. Das ganze Haus steht im Feuer, brennet. Die Stadt ist im Feuer aufgegangen, abgebrannt. S. Feuersbrunst. Das Feuer löschen, auslöschen. Es kommt Feuer aus, wenn ein Gebäude unvermuthet in Brand geräth. Das Feuer greift weiter um sich. Einen Topf zum Feuer, an das Feuer setzen, von dem Feuer nehmen. Der Schwamm fängt leicht Feuer. Im Feuer arbeiten, wie die Scheidekünstler, Schmiede u.s.f. Den Inquisiten mit Feuer angreifen, der dritte Grad der Tortur. Einen Verbrecher zum Feuer verurtheilen, verbrannt zu werden. Feuer setzen, im Bergbaue, durch angezündetes Feuer die Erze mürbe brennen. Öhl ins Feuer gießen, figürlich einen Streit, eine Leidenschaft noch heftiger machen. Ich wollte wohl für ihn durchs Feuer laufen, figürlich, ich wollte wohl alles für ihn thun. Ein flammendes Feuer, welches in eine Flamme ausbricht, und im gemeinen Leben sehr oft unter Feuer allein verstanden wird, S. Flammenfeuer. Ein glimmendes, glühendes Feuer, welches nur glimmet, oder glühet. Das unterirdische Feuer, welches sich unter der Erde befindet. Der Berg speyt Feuer, wirft brennende Mineralien aus. Das Feuer Gottes, in der Deutschen Bibel, der Blitz. Das höllische Feuer, die Hölle, ein allzu sinnlicher Ausdruck des Zustandes der Verdammten. Griechisches Feuer, eine Art Öhl, welches mit Wasser nicht gelöschet werden kann. Der Plural die Feuer wird nur alsdann gebraucht, wenn mehrere, oder an mehrern Orten befindliche brennende Dinge angedeutet werden sollen. Auf einem Herde drey Feuer halten oder brennen. Man siehet schon die Wachtfeuer. Es sind zwey Feuer in der Stadt ausgekommen, an zwey verschiedenen Orten. 3) In engerm Verstande werden verschiedene Arten brennender Körper schlechthin Feuer genannt. (a) Im Kriege, die Abfeuerung des groben und kleinen Geschützes, und die dadurch fortgetriebenen Kugeln. Die Cavallerie hielt das erste Feuer der feindlichen Infanterie standhaft aus. Die Truppen standen zwey Stunden im Feuer. Ein heftiges Feuer machen. Dem Kanonenfeuer ausgesetzet seyn. Die Infanterie muß ihr Feuer wohl zu[127] schonen wissen, sie muß nie ohne Noth und vergeblich feuern. S. Feuern. (b) Auf den Schiffen werden die Laternen, womit die Schiffe einander zur Nachtzeit gewisse Zeichen geben, gleichfalls Feuer genannt. Aus der Stellung und Anzahl der Feuer erkennet man den Rang der Schiffe. Ein Admiralsschiff hat das Recht mit vier Feuern Zeichen zu geben. (c) In der Feuerwerkskunst, ein aus Pulver, Salpeter u.s.f. bereitetes künstliches Feuer, ein Feuerwerk. Das Ernstfeuer, Lustfeuer u.s.f. Ingleichen die dazu gehörige Mischung von Pulver, Kohlen, Salpeter u.s.f. (d) Einem Pferde das Englische Feuer geben, bey den Viehärzten, Striche auf den kranken Theil des Leibes brennen.

2. Figürlich, wo die Farbe, die leuchtende, wärmende und verzehrende Eigenschaft, verschiedene uneigentliche Bedeutungen veranlasset haben. 1) Die Farbe. (a) Er ward lauter Feuer im Gesichte, das Feuer stieg ihm in das Gesicht, er ward roth. (b) Das Feuer, das heilige Feuer, eine Art der Entzündung der Haut, welche eine schöne Röthe hat, und auch die Rose, das Rothlaufen, oder der Rothlauf genannt wird, S. Antoniusfeuer und Rose. 2) Das Licht und der Glanz, in welchem Verstande das Feuer der Edelsteine, den starken Glanz bezeichnet, welchen sie von sich werfen. Der Himmel wird lauter Feuer, wenn er bey einem Nordlichte u.s.f. einen dem Feuer ähnlichen Glanz bekommt. 3) Die Hitze. (a) Verschiedene Krankheiten, besonders der Thiere, sind unter dem Nahmen des Feuers oder des heiligen Feuers bekannt. Bey den Schweinen ist das wilde Feuer, welches auch die Bräune und das St. Antonsfeuer heißt, eine Entzündung, die der Bräune der Menschen nahe kommt, sich mit dem heißen und kalten Brande endiget, und in 24 Stunden den Tod bringet. Der große Haufe in der Römischen Kirche glaubt, daß der heil. Antonius diese Krankheit heile. Bey den Schafen ist das heilige Feuer oder der Rothlauf, ein hitziges Fieber, wobey Fleisch und Haut von einem Brande verzehret werden. Das Feuer oder die Feuerkrankheit des Rindviehes rühret gleichfalls von einer Entzündung und Stockung des Geblütes her. Bey den Pferden ist das Feuer, oder die Darre, eine Auszehrung, wobey sie nach und nach abnehmen und dürre werden; bey welcher Krankheit aber wohl die verzehrende Kraft des Feuers der Grund der Benennung ist. (b) Die beißende Schärfe mancher Gewächse und Gewürze. Der Pfeffer hat Feuer, wenn er ein empfindliches Brennen auf der Zunge verursacht. Ingleichen der Geist der hitzigen Getränke. Ein Wein hat viel Feuer, wenn er viele geistige Theile hat, und daher Wärme im Körper verursacht. Das Feuer des Branntweines redet aus ihm. (c) Ein hoher Grad der Munterkeit, der Lebhaftigkeit, heftige Leidenschaften u.s.f. Der Mann hat bey seinem hohen Alter noch vieles Feuer. Ein Pferd, ein Jagdhund hat zu vieles Feuer, wenn sie zu heftige Begierden haben. Er redete mit vielem Feuer. Er fängt bald Feuer, wird bald zornig. Fast in allen Sprachen führet der Zorn den Nahmen des Feuers. In einer andern Bedeutung ist Feuer fangen, Liebe empfinden.


Seitdem fing mancher Schäfer

Aus Chloris Augen Feuer,

Haged.


Das Feuer der Einbildungskraft, ein hoher Grad der Lebhaftigkeit. Das Feuer der Leidenschaft wüthet in seinem Busen. Das Feuer der Liebe, der Andacht u.s.f. S. Feurig. 4) Die verzehrende und zerstörende Eigenschaft dieses Elementes. Das Feuer des Krieges, in der höhern Schreibart. In der Deutschen Bibel wird Gott mehrmahls ein verzehrendes Feuer genannt.

Anm. Feuer bey dem Kero Fuire, bey dem Ottfried Fiur, bey Isidors Übersetzer Fyor, bey dem Tatian Fuir, in Oberschwaben[128] noch jetzt Fuir, in Schlesien Foir, im Nieders. Füer, im Holländ. Vier, Vuer, Vuyr, im Angels. Fir, Fyr, im Engl. Fire, im Dän. und Schwed. Fyr, ist ein sehr altes Wort, welches zu dem Griech. πυρ, zu dem Lat. feruere, feruor, comburere, dem Hebr. בצר, brennen, אזר, Feuer, und zu dem Deutschen Brennen gehöret, welches im Oberd. auch bernen lautet; S. dieses Wort. Sokrates behauptet bey dem Plato ausdrücklich, daß πυρ kein ursprünglich Griechisches, sondern ein Phrygisches, d.i. Scythisches, Wort sey. Bey den Tschuwassen, einer Tatarischen Nation, heißt der Morgen, Lat. aurora, noch jetzt Ir.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 127-129.
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