Kamm (4), der

[1478] 4. Der Kamm, des -es, plur. die Kämme, Diminut. das Kämmchen, Oberd. Kämmlein, ein langer und zuweilen spitziger hervor ragender Theil eines Dinges, und ein mit solchen hervor ragenden Theilen versehenes Ding; gleichfalls nur noch in einigen Fällen.

1. Lange hervor ragende Theile eines Dinges. So werden, 1) In der Mechanik und in dem Mühlenbaue, die Zähne oder kurzen Stäbe, welche auf der Seiten- oder Stirnfläche eines Rades perpendicular stehen, um in das Getriebe eingreifen zu können, Kämme genannt; S. Kammrad. Schon in der Paraen. Tyrol. heißen sie Kambe, welches daselbst nicht Speichen bedeuten kann. In dem Bergbaue führen diesen Nahmen auch die Arme an der Welle, welche die Pochstämpel, Bälge u.s.f. aufheben, und sonst auch Hebearme, Hebelatten, Hebetatzen genannt werden. 2) Die Stiele an den Weintrauben, woran die Weinbeeren hängen, führen in den meisten Gegenden den Nahmen der Kämme. Im Oberdeutschen werden sie Rappen, Drappen, Trappen genannt, Franz. Grappes, Lat. Racemi. Im Franz. hieß ein solcher Kamm ehedem Gen und Cenne.

2. Ein mit solchen Zähnen versehenes Werkzeug. 1) Ein von Horn, Elfenbein oder einer ähnlichen harten Materie verfertigtes und mit spitzigen neben einander stehenden langen Zähnen versehenes Werkzeug. Es wird zu verschiedenen Absichten gebraucht. Am häufigsten dienet es, die Haare an Menschen und Thieren damit zu reinigen, und wenn sie verwirret sind, gerade zu richten; der Haarkamm. Ein weiter Kamm, an welchem die Zähne weit von einander stehen; ein enger Kamm, wo sie nahe an einander stehen. Mit einem Kamme kämmen. Alle Leute über Einen Kamm scheren, im gemeinen Leben, sie auf einerley Art behandeln. In der Haushaltung hat man auch starke eiserne Kämme, die Samenkapseln an dem Flachse abzuriffeln, Riffelkämme, hölzerne Kämme die Heidelbeeren abzustreifen u.s.f. Bey dem Kero Canpo, Canap, im Oberdeutschen der Kampel, im Angels. Camb, im Engl. Comb, im Schwed. Kam. Ein Wollkamm oder Kamm der Wollkämmer, bey welchen der Oberdeutsche Plural Kamme üblich ist, ist auch unter dem Nahmen Krämpel bekannt, S. dieses Wort. Im Oberdeutschen wird ein Kamm auch ein Strähl und kämmen strählen genannt, von Strahl, Radius. 2) Bey den Webern, ein mit vielen dünnen Stäben von Rohr oder Stahl versehener Rahmen, die Fäden des Aufzuges so aus einander zu halten, wie der Haarkamm die Haare; das Blatt. Manche Arten von Webern haben statt dessen leinene Schnüre, welche aber gleichfalls der Kamm genannt werden. S. Kammlitze. 3) Eben daselbst werden die Fäden, welche sie am Ende eines gewebten Stückes mit einem kleinen Theile des Gewebes abschneiden, die Troddel, das Dromt, auch der Kamm genannt. 4) In einigen Gegenden ist der Kamm eine Art eines Netzes mit engen Maschen, kleine[1478] Fische damit zu fangen, welches aber an den meisten Orten verbothen ist.

Anm. Es scheinet, daß dieses Wort gleichfalls zu dem vorigen gehöre, indem der Begriff der Hervorragung auch hier der herrschende ist. Indessen kommen im mittlern Lateine viele ähnliche Wörter vor, worin der Begriff der Krümme der Hauptbegriff ist, und welche zu dem Griech. καμπτειν, biegen, gehören; z.B. Cambuta, der krumme Bischofsstab, der Krummstab. S. Kammer. In dem Salischen Gesetze bedeutet Cham die Hand.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1478-1479.
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