Nagel (2), der

[410] 2. Der Nagel, des -s, plur. die Nägel, Diminut. das Nägelchen, Oberd. Nägellein, oder Nägelein, ein gerades spitziges Werkzeug, zwey Körper oder Theile eines Körpers mit einander zu verbinden, oder auch nur ihn in einen Körper zu schlagen, etwas daran zu hängen u.s.f. Man hat hölzerne Nägel ohne Köpfe, welche in manchen Fällen Pflöcke heißen, man hat aber auch eiserne, welche letztern am häufigsten sind, und gemeiniglich mit einem Kopfe versehen werden. Es gibt ihrer sehr mancherley Arten, welche ihre Nahmen von den Körpern bekommen, zu deren Befestigung sie gebraucht werden; S. Bretnagel, Hufnagel, Schiefernagel, Bleynagel, Schloßnagel, Radnagel, Bandnagel u.s.f. Etwas mit einem Nagel, mit Nägeln befestigen. Einen Nagel einschlagen, ausziehen. Etwas an den Nagel, oder an einen Nagel hängen. Wenn die Drescher die Flegel an den Nagel hängen, d.i. ausgedroschen haben, wird ihnen an manchen Orten ein Schmaus gegeben, welcher die Flegelhenke heißt. Figürlich und im gemeinen Leben heißt eine Sache an den Nagel hängen, sie verlassen, sich nicht weiter um sie bekümmern. Die Theologie an den Nagel hängen, diese Wissenschaft verlassen. Die Frömmigkeit an den Nagel hängen. Einen hohen Nagel haben, heißt im Nieders. stolz seyn, die Nase hoch tragen, und jemanden den Nagel niederklopfen ihn demüthigen. Von einem Menschen, welcher einen gewissen Stolz hat, sagt man in Niedersachsen, er hat einen Nagel. Man leitet, aber mit weniger Wahrscheinlichkeit, diese Arten des Ausdruckes aus dem dreyßigjährigen Kriege her, da ein Schwedischer Oberster, Nahmen Ißler, in der Schlacht bey Leipzig mit einem krummen Nagel dergestalt soll seyn in den Kopf geschossen worden, daß ihn die Wundärzte nicht heraus ziehen können, sondern ihn eingeheilet; worauf er zwar gesund geblieben, sich aber hernach sehr stolz betragen, und sich auf seinen Nagel nicht wenig eingebildet habe.

In weiterer Bedeutung werden oft auch verschiedene andere ähnliche Körper, wenn sie gleich nicht unmittelbar zur Befestigung dienen, Nägel genannt. Dergleichen ist der Nagel in einer Scheibe. Die Wirbel an den Saiten-Instrumenten heißen bey vielen Nägel, anderer zu geschweigen. Das Diminut. Nägelchen, Nägelein, und zusammen gezogen Nelke, ist auch der gewöhnliche Nahme theils eines ausländischen Gewürzes, theils einer bekannten Art Blumen, S. solches hernach besonders.

Anm. Im Tatian schon Nagel, im Schwed. und Niedersächs. gleichfalls Nagel, im Isländ. Nagle, im Angels. Naegl, im Engl. Nail, im Dän. Nägl, im Finnländ. Naula. Es kann so wohl den Begriff der Verbindung ausdrucken, da es denn von nähen, nahe, abstammen würde, als auch den Begriff des Nagens, oder endlich auch der Spitze, als ein Verwandter von dem Griech. νυγειν, stechen, Isländ. naella, Nabe, Schnabel u.s.f. Die Endsylbe -el bedeutet in allen Fällen ein Werkzeug. S. auch Nickel.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 410.
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