Öhr, das

[598] Das Öhr, des -es, plur. die -e, Diminut. das Öhrchen, Oberd. Öhrlein, ein noch in verschiedenen einzelnen Fällen übliches Wort, gewisse, gemeiniglich runde oder rundliche Öffnungen zu bezeichnen. Das Öhr einer Nähnadel, oder das Nadelöhr, die kleine Öffnung in der Nähnadel. Die Handhabe oder der Henkel an[598] den Geschirren ist im gemeinen Leben häufig unter dem Nahmen eines Öhres bekannt. Sprichw. Kleine Töpfe haben auch Öhre; kleine Töpfe haben kleine Öhre. Noch häufiger ist das Öhr ein kleiner rundlicher Ring von Draht an den Kleidungsstücken, worein ein Haken von Draht greift; beyde zusammen werden alsdann Haken und Öhre, im Oberdeutschen Heftle und Miderle, gleichsam Mütterlein, (S. Mutter,) genannt. Im Niederdeutschen lautet es in der letzten Bedeutung mit der gewöhnlichen Vertauschung des r und s Öhse, und im Diminut. Öhseken, Ösken, Eesken, Schwed. Ösja, Holländ. Heyse, Heuse, wo denn Hose, in der Bedeutung eines Gefäßes oder hohlen Raumes, mit eintritt. Das Öhr an einer Münze ist ein ähnlicher kleiner angelötheter Ring, sie vermittelst desselben am Halse zu tragen, so wie das Öhr an einem metallenen Knopfe, welches bey den Gürtlern gleichfalls die Öhse genannt wird.

Anm. Dieses Öhr ist nur in der Aussprache und Schreibart von dem folgenden Ohr in dessen weitern Bedeutung unterschieden, S. dasselbe.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 598-599.
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