Sporn, der

[222] Der Sporn, des -es, plur. die -en, ein Wort, welches überhaupt ein Werkzeug zum Stoßen oder Stechen bedeutet, aber jetzt nur noch in einigen einzelnen Fällen von besondern Arten von Stacheln gebraucht wird. Am bekanntesten ist es von demjenigen Werkzeuge, womit der Reiter seine Ferse bewaffnet, das Pferd vermittelst desselben anzutreiben, welches ehedem ein an dem Absatze befestigter Stachel war, jetzt aber ein stacheliges Rädchen an einem metallenen Bügel ist. Die Spornen anlegen, ablegen. Dem Pferde die Spornen geben. Ein Pferd heißt spornstätig, wenn[222] es stätig wird, d.i. nicht von der Stelle will, so bald es die Spornen fühlet. Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt mit den alten ehemaligen Spornen führet die bekannte Blume Rittersporn diesen Nahmen, welche auch Spornblume genannt wird. Wegen eben dieser Ähnlichkeit führen nicht nur die Hinterklauen an dem Federviehe und manchen Vögeln, z.B. den Lerchen zur Streichzeit sondern auch die Afterklauen oder Oberklauen mancher vierfüßigen Thiere über dem Ballen den Nahmen der Spornen, welche bey den wilden Schweinen auch die Rücken, Oberrücken, bey andern vierfüßigen Thieren aber auch die Aftern hießen. Figürlich ist der Sporn ein heftiger sinnlicher Antrieb, lebhafter Bewegungsgrund.

In der weitern Bedeutung eines Stachels sind die Spornen bey den Goldplättern zwey eiserne Stacheln, welche die blecherne Rolle mit dem Drathe, der geplättet werden soll, tragen. Siehe auch Eissporn, welches Stacheln sind, die man sich unter die Schuhe befestiget, um sicher auf dem Eise gehen zu können. In den Niederdeutschen Marschländern hat man auch ähnliche Kleyspornen in dem fetten schlüpfrigen Kleylande. In noch weiterm Verstande ist der Sporn zuweilen ein Strebepfeiler an einer Futtermauer, wo aber auch der Begriff des Bährens oder Trugens mit eintritt. Auch gewisse mit eisernen scharfen oder spitzigen Ecken beschlagene Bäume an den Brücken, damit sich die großen Eisschollen daran zerstoßen, welche noch von den Eisböcken verschieden sind, führen in vielen Gegenden den Nahmen der Spornen.

Anm. Schon bey dem Strycker Sporn, im gemeinen Leben der Hochdeutschen, besonders im Plural, Sporen, im Niedersächs. Spaarn, im Engl. Spur, im Schwed. Sporre, im Ißländ. Spore, im Angels. Spora, im Italien. Spore, im Französ. Esperon, im Wallisischen Yspardum, im Epirot. Spori. Ihre gibt sich viele vergebliche Mühe, dieses Wort als einen Verwandten von dem Lakonisch-Griech. πορ, Fuß, dem Lat. Perna, Perniones, Pernix u.s.f. abzuleiten, weil die Spornen einen Theil der Bekleidung des Fußes des Reiters ausmachen. Allein der Begriff eines Stachels sticht zu merklich hervor, als daß man denselben verkennen könnte, daher man es allerdings als einen Verwandten von Speer, Spier, bohren u.s.f. anzusehen hat. Im Griech. ist περονη, eine kleine Spitze. Der Plural soll vielen Sprachlehrern zu Folge Sporne haben, allein alle Hochdeutschen sagen Spornen. Die gemeine Form Sporen ist noch in manchen Zusammensetzungen die herrschende, z.B. sporenstreichs, der Sporer u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 222-223.
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