Titel, der

[608] Der Titel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Titelchen, Oberd. Titellein. 1) Ein Punct, kleiner Strich im Schreiben. Bis daß Himmel und Erde zergehe, wird nicht zergehen der kleinste Buchstab, noch ein Titel vom Gesetz, Matth. 5, 18, Luc. 16, 17. Es ist in dieser Bedeutung veraltet, außer daß im gemeinen Leben und bey gemeinen Schreibmeistern das[608] Punct, so fern es im Schreiben gebraucht wird, noch zuweilen ein Titel und nach einer unrichtigen Schreibart Tüttel genannt wird. 2) Die Überschrift oder vielmehr Aufschrift, doch nur in engerer Bedeutung, die Aufschrift eines Buches, einer Schrift, oder beträchtlichen Theiles derselben; die Aufschrift. Ein Buch mit einem rothen Titel. Ein langer Titel. Der Haupt-Titel, Schmutz-Titel. Am üblichsten ist es alsdann, wenn diese Anzeige des Hauptinhaltes eines Buches oder einer Schrift ein eigenes Blatt einnimmt. Doch wird Columnen-Titel auch von der Überschrift der Columnen gebraucht. Ehedem sagte man auch der Titel einer Säule, eines Grabes u.s.f. welche aber im Hochdeutschen veraltet sind, wo man dafür lieber Aufschrift oder Überschrift gebraucht. Auch für Titel eines Briefes ist daselbst das erste üblicher. Von den Titeln oder vielmehr Überschriften der Psalmen gebraucht Notker Obescrift, Forezeichin, Zeichenscrift. 3) Eine Benennung, welche jemandes Würde und Rang in der bürgerlichen Gesellschaft bezeichnet. Einen vornehmen, langen, großen Titel haben. Sich den Titel eines Hofrathes kaufen. Nur den Titel eines Königes führen. Jemanden seinen rechten Titel gehen. Die Ehre bestehet nicht in Titeln, sondern in Verdiensten. 4) Ein Rechtsgrund, Vorwand, doch nur noch hin und wieder im gemeinen Leben. Etwas unter einem andern Titel suchen, Rechtsgrunde. Ein leerer Titel, Vorwand.

Anm. Schon der alte Übersetzer Isidors hat das Wort Titulo. Es ist ohne Zweifel aus dem Latein. Titulus entlehnet, obgleich dieses im Grunde mit unserm Zeitworte deuten Eines Geschlechtes zu seyn scheinet. Die Lateinische Endsylbe -ulus kommt mit unserm -el überein, ein Werkzeug, Ding, Subject, zu bezeichnen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 608-609.
Lizenz:
Faksimiles:
608 | 609
Kategorien: