Carthago

[240] Carthago, ehemals eine berühmte Stadt in der Gegend des jetzigen Tunis auf der Nordafrikanischen Küste, war fast 900 Jahr vor Chr. Geb. von einer Colonie der Phönizier, welche in Asien an dem Mittelländischen Meere wohnten, erbauet worden. Dido oder Elisa, die Tochter eines Königes von Tyrus, die mit ihren Schätzen vor ihrem habsüchtigen Bruder Pygmalion floh, soll auf dieser Küste gelandet sein, und den Grund zu Carthago gelegt haben. Durch die bequeme Lage ihres Landes zur Schiffarth und Handlung und durch kriegerische Gesinnungen wurden die Carthaginienser bald die mächtigste Nation zur See. Ihre Herrschaft erstreckte sich von der Africanischen Küste über die Inseln des Mittelländischen Meeres (Sicilien, Sardinien, Corsica, Majorca, Minorca, Iviza) bis nach Spanien. Aber eben dadurch erregten sie die Eifersucht der Römer, mit welchen sie in drei verschiedene Kriege (die Punischen genannt, weil die Carthaginienser auch Phönizier hießen) verwickelt wurden, die fast hundert Jahr dauerten, und sich mit der gänzlichen Zerstörung Carthagoʼs (145 Jahr vor Chr. Geb.) endigten. Der erste von diesen Punischen Kriegen ist zugleich als erster Seekrieg merkwürdig. Einige Zeit nachher hatten zwar die Römer nicht weit von dem ehemaligen Carthago eine Stadt gleiches Namens wieder erbauet; allein auch diese ist in den siebenten Jahrhunderte von den Sarazenen zerstört worden. Die Carthaginienser wurden anfänglich von Fürsten regiert, hernach aber von zwei obrigkeitlichen Personen, welche jährlich abwechselten und Suffeten (Richter) hießen. Sie achteten vorzüglich den Stand der Kaufleute, und schätzten nur diejenigen Wissenschaften, die auf Schiffarth und Handlung Bezug hatten. Die heutigen [240] Franzosen welche sich gern mit den Römern vergleichen, pflegen London aus Haß oft Carthago (Carthago-London) zu nennen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 240-241.
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