Madrit

[10] Madrit, seit der Regierung Philipps II. die Haupt-und Residenzstadt von Spanien, in der Provinz Madrit in Neucastilien an verschiedenen kleinen Hügeln gelegen, an denen auf der West- und Südseite der Fluß Manzanares vorbeifließt. Sie hat 3798 Häuser und 156,000 Einwohner. Die Straßen (unter denen sich vorzüglich die Straße d'Alcala auszeichnet) sind meisten Theils gerade und breit: ehedem waren sie sehr unsauber, allein seit ungefähr 30 Jahren ist dieses geändert; auch sind sie des Nachts herrlich erleuchtet. Der königliche Pallast daselbst, welcher, als der alte i. J. 1734 abbrannte, von einem Italiäner Sanchetti neu erbaut wurde, ist vielleicht der größte und kostbarste in Europa. Hier ist das berühmte Gemählde von RaphaelPasmo de Cicilia, eine heilige Nacht von Mengs; und die in der Madriter Spiegelfabrik zu San-Ildefonso gegoßnen Spiegel im Saal de los Regnos sind vielleicht die größten in Europa. Der Hof dieses Pallasts ist von so großem Umfange, daß funfzig Kutschen darin umlenken können, ohne sich im Wege zu sein. Unter den 18 Kirchen daselbst ist die Kirche der Dominicaner die vornehmste; hier wurden [10] noch unlängst die Urtheile der (den öffentlichen Nachrichten zu Folge nunmehr aufgehobenen) Inquisition bei den Avto da Fees abgelesen. Uebrigens sind 62 Klöster (unter den sich das St. Philippskloster, el real genannt, als eins der schönsten Werke der Baukunst zu Madrit auszeichnet) und 22 Hospitäler, eine königliche Bibliothek, ein öffentliches Cabinet der Naturgeschichte, zehn Akademien, eine wohlthätige patriotische Gesellschaft und mehrere vortreffliche Gemähldesammlungen daselbst. In der Gemähldesammlung des Duca d'Alba bewundert man vorzüglich die schönen Teppiche, die in der Versteigerung des Nachlasses Carls I. zu London erstanden wurden, und die ersten Teppiche sind, die in Flandern nach den Raphaelschen Originalzeichnungen gewirkt wurden. Unter den Vergnügungen der Madriter sind, außer den gewöhnlichen Vergnügungen in großen Städten, vorzüglich die Stiergefechte zu bemerken, zu welchen ein Amphitheater errichtet ist. Es giebt in Madrit nur drei öffentliche Gasthäuser, unter denen die goldne Krone, welche insgemein das alte Inquisitionsgericht genannt wird, wegen der Gefängnisse der Unglücklichen merkwürdig ist, die man noch so, wie sie ehedem waren, daselbst sieht (in den neuern Zeiten war der Sitz der Inquisition in einem größern Gebäude) Der berühmteste Spaziergang derselben ist der in den Spanischen Romanen so berufene Prado (der nicht mit dem königlichen Lusthaus El Pardo, zwei Meilen von Madrit, zu verwechseln ist): die Gärten von Buen Retiro werden wenig besucht; in den letztern findet sich die berühmte Bildsäule zu Pferd Philipps II. von Peter Tacca. Auch giebt es sehr gute Fabriken daselbst, vorzüglich von Hüthen, Tuch, Salpeter, Porcellan und Spiegeln.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 10-11.
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