Charles Mounier

[182] Charles Mounier, war ein Abgesandter der ehemahligen Provinz Dauphine zur Französischen National-Versammlung von 1789. Er besaß eine gründliche Kenntniß der Französischen Reichsverfassung, und hatte kurz vor der Eröffnung der Stände-Versammlung eine Schrift über diesen Gegenstand herausgegeben. Die Vereinigung des Adels und der Clerisei mit dem Bürgerstande war eben so wenig nach seinem Sinne, als das doppelte Repräsentationsrecht, welches dem letztern verwilligt worden war. Seiner Meinung nach würde die Vertheilung der Stände in zwei Kammern, nach Art des Englischen Ober- und Unterhauses, und ein dem König unbedingt zugestandenes Veto weit vortheilhafter und der Reichsverfassung angemeßner gewesen sein. Sein Plan blieb unbefolgt; und er verließ daher nach den Gräuelscenen zu Versailles, am 5. und 6. October 1789, wo er Präsident der National-Versammlung war, die öffentlichen Angelegenheiten, weil er nichts mehr nützen zu können glaubte. Dieser Schritt, welchen noch mehrere Mitglieder der National-Versammlung thaten, läßt, sich keineswegs rechtfertigen, und höchstens durch die unbegreifliche Verblendung entschuldigen, welche schon damahls die Vertheidiger der Monarchie ergriffen hatte. Mounier hoffte, der Hof würde aus den abgegangenen Deputirten [182] in einer andern Stadt eine neue National-Versammlung zu ammenberufen; aber Mounier hatte nicht bedacht, daß der Hof selbst uneins war und keinen bestimmten Plan hatte. Er verließ halb darauf Frankreich ganz, hielt sich abwechselnd in England und der Schweiz auf, und soll sogar in dem letzt genannten Lande Versuche gemacht haben, die Schweizer für Englands Interesse gegen Frankreich zu gewinnen. Als Schriftsteller hat er sich vorzüglich durch seine Entwicklung der Ursachen, welche Frankreich gehindert haben, zur Freiheit zu gelangen, ausgezeichnet. Neuerlich hat er einen Plan für ein Erziehungs-Institut angekündigt, worin er jungen Leuten aus den höhern Standen die letzte Ausbildung zu geben gedenkt, welche ihnen vor dem Eintritt in die öffentlichen Geschäfte unentbehrlich ist.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 182-183.
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