Johann Albrecht Peter Schulz

[145] Johann Albrecht Peter Schulz (geb. zu Lüneburg 1747). Dieser große, scharfsinnige und echte Tonkünstler mußte mit Gewalt seiner hohen Neigung zur Musik die Bahn brechen, da ihn sein Vater, ein Bäcker, schlechterdings dem geistlichen Stande zuführen wollte. Schon in seiner Vaterstadt machte er im Singen sowohl als auf der Violine ansehnliche Fortschritte; da aber sein Vater schlechterdings, selbst auch durch Ohrfeigen, ihn davon zurückbringen wollte, so ergriff er einst bei einer Reise, die seine Mutter mit ihm machte, das freie Feld, und wanderte fast ohne einen Pfennig in der Tasche und unter mancherlei Abenteuern nach Berlin (1762), gerade zu Kirnbergern, von dem Schulzens Lehrer schon oft mit großer Verehrung gesprochen hatte. Dieser nahm ihn auf, versprach ihm seine Verwendung; und Schulz holte nun und erhielt auch bald die Einwilligung der Aeltern zu seiner neuen Laufbahn. Hier bei seinem so strengen und leidenschaftlichen Lehrer duldete er dennoch alles, um sich in seinem Studium zu vervollkommnen, bis endlich (1770) sich ihm eine glückliche Gelegenheit darbot, mit einer Pohlnischen Fürstin, Sapia, verschiedene Reisen nach Frankreich und Italien zu machen und so noch mehr seine Ausbildung zu befördern. Nach seiner Rückkehr nach Berlin (1774) ward er hier bald Musikdirector am königl. Französischen Theater und, da sich dieses nachher auflöste, 1780 Kapellmeister des Prinzen Heinrich zu Rheinsberg. Hier drückten ihn [145] mancherlei häusliche Leiden, und der Verlust seines innigst geliebten Weibes (1784) brachte auch ihn einer Auszehrung nahe; und ob er zwar gleich in der Verbindung mit ihrer Schwester einigen Trost fand, so wirkte es doch in Verbindung mit andern Umständen zu sehr auf seine Gesundheit. Er erhielt zwar 1787 den Ruf als königl. Schwedischer Kapellmeister nach Stockholm: allein nicht lange konnte er diese Stelle bekleiden, sondern mußte wegen seiner so schwächlichen Gesundheit im Jahr 1795 um seine Entlassung anhalten, die er auch mit einer ansehnlichen Pension erhielt; worauf er dann auf Anrathen der Aerzte eine große Seereise nach Portugall unternahm. Allein auch dieser Versuch zu seiner Wiederherstellung mißlang, und er privatisirte nun nach seiner Zurückkunft theils in Rheinsberg, theils in Stettin; seine Kränklichkeit vergrößerte sich durch den Verlust seiner zweiten Gattin, und entriß ihn endlich der Welt am 16. Juni 1800 zu Schwedt. In ihm verehrt die Tonkunst eben sowohl einen der gründlichsten Theoretiker als auch, besonders in Rücksicht des Gesanges, einen meisterhaften Compositeur: für jenes zeugt ein großer Theil der musicalischen Artikel in Sulzers Theorie der schönen Künste etc. und was in practischer Hinsicht der Gesang an diesem Meister für Bereicherung erhalten hat, ist Kennern und Liebhabern bekannt. Das Meisterhafte seiner Declamation, die Behandlungsart seiner Texte, das Schöne und Eindringende seiner Melodien stellen ihn zum, Muster für jeden neuern Tonsetzer auf. Seine Lieder im Volkston (3 Theile), seine Chöre und Gesänge aus Racineʼs Athalie und sehr viele andere Werke der Art sind hinlänglich bekannt. Noch ist seine Erfindung merkwürdig, Partituren großer Werke vermittelst Chiffern auf wenigen Bogen bekannt zu machen; sein treffliches Oratorium Johannes und Maria hat er auf diese Art in Druck gegeben.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 145-146.
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