Vasco de Gama

[298] Vasco de Gama. Die Portugiesen hatten seit dem Anfange des 15ten Jahrhunderts mehrere Länderentdeckungen gemacht; allein noch war es ihnen, so wenig als andern Nationen, geglückt, einen unmittelbaren Weg nach Ostindien zu finden. Zwar war unter Johann II. König von Portugall († 1495), durch Entdeckung des Vorgebirges der guten Hoffnung (s. Cap) die Bahn dahin gebrochen worden; allein erst seines Nachfolgers, Emanuels des Großen, Regierung war es vorbehalten, diese zu vollenden. Dieser König, den man überhaupt für den mächtigsten und glücklichsten unter allen Portugiesischen Königen hält, war auf die Vergrößerung und Bereicherung seines Landes sehr bedacht. Vasco de Gama, der aus einer Portugiesischen adlichen Familie abstammte, und sich als einen erfahrnen Seemann bekannt gemacht hatte, erhielt daher von ihm die Befehlshaberstelle über eine kleine Flotte, um den Weg nach Ostindien zu suchen. Er segelte mit dieser 1496 zuerst über das Cap hinaus, entdeckte die Insel Sanct Jago (die vorzüglichste der so genannten Capoverdischen Inseln, oder Inseln des grünen Vorgebirges, im Atlantischen Meere), und kam glücklich nach Ostindien, von da er 1499 nach Lissabon zurückkehrte. Emanuel, der nun seinen vorzüglichsten Wunsch erreicht hatte, schickte ihn darauf 1502 mit einer größern Flotte nach Indien, um die Feinde der Portugiesen zu bekämpfen. Vasco machte einige Eroberungen, schloß mit einigen Ostindischen Königen Bündnisse, und brachte viele Reichthümer nach Portugall. Durch eine im folgenden Jahre von neuem unternommene Reise verschaffte er den Portugiesen wirklich festen Fuß in Indien. Aus Dankbarkeit schickte ihn daher Emanuel 1514 als Vicekönig in die eroberten Besitzungen; allein er starb, ehe er seine Reise vollendet hatte, zu Cochin in Malabar. – Wenn es keines Beweises [298] bedarf, wie wichtig für Europa der Ostindische Handel sei, so ist es auch schon von selbst einleuchtend, welche Verdienste Vasco durch Entdeckung des unmittelbaren Weges nach Ostindien sich für die Handlung erwarb. Denn bisher hatte man alle Ostindische Waaren über das rothe Meer nach Alexandria (s. dies. Art.), und von da nach Venedig gebracht, durch welchen beschwerlichen Transport die Waaren sehr vertheuert wurden. Vascoʼs Entdeckung half diesem Hindernisse ab, brachte aber freilich dadurch dem Italiänischen Handel einen sehr großen Stoß bei (vergl. Ostindien, Th. III. S. 332.).

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 298-299.
Lizenz:
Faksimiles:
298 | 299
Kategorien: