Wittenberg

[426] Wittenberg, eine mittelmäßige, ziemlich alte, und die Hauptstadt des so genannten Churkreises, von ungefähr 6 bis 7000 Einwohnern im Königreich Sachsen. Sie liegt in einer niedrigen Gegend an der Elbe, über welche eine neue 1784 bis 86 erbaute hölzerne 500 Ellen lange Brücke führt, und hat eine berühmte evangelische Universität, welche 1502 von Churfürst Friedrich dem Weisen gestiftet wurde. Außerdem ist auch hier ein Schöppenstuhl, Consistorium, Hofgericht, Kreisamt etc. Besonders merkwürdig [426] ist diese Stadt in der Geschichte der Reformation, die hier durch Luther (s. dies. Art.) 1517 ihren Anfang nahm, dessen Grabmahl, auch nebst dem seines Freundes, Melanchton, in der schön gebauten Schloßkirche zu sehen ist. Im siebenjährigen Kriege litt diese Stadt ungemein viel, wovon man auch noch an den vielen unbebauten Stellen die traurigen Spuren sehen kann; und eine wiederhohlte Erfahrung machte diese Stadt auf ähnliche Art in dem neuesten Französischen Kriege (im Oct. 1806), wo die öffentlichen Lehrgebäude zu Lazaretheu, die Kirchen zu Magazinen, Ställen etc. gebraucht wurden. Wittenberg wurde nebst Erfurth und Spandau zu Waffenplätzen, und an Befestigung der Stadt sowohl als der Brücke wurde aufs ernstlichste gearbeitet; und trotz dem der Universität ertheilten Schutzbrief vom Marschall Davoust wurde doch dieselbe so wenig geschont, daß die Studien dadurch ganz und gar gehemmt, und ein großer Theil der Studirenden auszuwandern, oder vielmehr, nach den damahls erst geendeten Ferien, nicht wieder zurückzukehren genöthiget waren. Jedoch wurde zu Anfange des folgenden Jahres dieß Ungemach wieder gehoben, und die Universität fing nun auch wieder an, unter günstigerm Einfluß mit der vorigen Thätigkeit für das Beste dieser so wichtigen Lehranstalt zu sorgen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 426-427.
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